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Luftfahrt: Wolkiger Klimaschutz

Die Luftfahrtindustrie kämpft mit PR und Technik gegen ihr Schmuddelimage.

Berlin - Von wegen sorgenfrei an den Strand. Immer häufiger meldet sich bei Urlaubern, die in diesen Tagen ein Flugzeug besteigen, das schlechte Gewissen: Wie viel Schmutz bläst der Flieger in die Luft? Wie sehr trägt so ein Urlaubsflug zur Erderwärmung bei? Die Klimadebatte macht aber nicht nur Reisenden zu schaffen. Auch Fluggesellschaften und Hersteller haben ein Imageproblem, das sie mit technischen Innovationen und Öffentlichkeitsarbeit zu bekämpfen versuchen.

Ein schwacher Trost: Auf die Passagierzahlen hat sich die CO2-Diskussion bisher kaum ausgewirkt. Im Gegenteil: Zwischen 2000 bis 2020 wird sich das weltweite Passagieraufkommen nach Expertenschätzungen verdoppeln. Allein im ersten Quartal 2007 flogen laut Statistischem Bundesamt in Deutschland 19,5 Millionen Menschen – 7,2 Prozent mehr als im ersten Quartal 2006.

Die Folgen für das Klima sind laut Umweltbundesamt gravierend. Die Behörde erwartet, unter Berücksichtigung der Prognosen der Fluggesellschaften, bis 2030 eine Verdreifachung des Kohlendioxid-Ausstoßes durch den deutschen Flugverkehr. Damit wären die auf dem Klimagipfel Anfang Juli ausgegebenen Ziele in Gefahr. Dort war die Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 vereinbart worden.

Die Luftfahrt-Lobby argumentiert, dass der internationale Flugverkehr nur für drei Prozent der von Menschen verursachten, schädlichen Klimawirkung verantwortlich ist – zumindest nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Fluggesellschaften. Doch wegen der enormen Wachstumsraten bestehe das Risiko, „dass der Flugverkehr zur größten Gefahr überhaupt für das Klima wird“, wie es Werner Reh vom Arbeitskreis Flugverkehr, in dem sich fünf Umweltverbände zusammengeschlossen haben, erwartet. Verkehrsexperte Reh geht davon aus, dass der Anteil des Luftverkehrs an der Erderwärmung schon jetzt weit höher liegt als bei drei Prozent. Bei der Berechnung werde bisher nämlich zu wenig berücksichtigt, dass bei der Kerosinverbrennung neben CO2 auch Stickoxide, Ruß und Wasserstoff entstehen. „Einbezogen werden muss außerdem, dass die durch den Flugverkehr verursachten Emissionen 2,7 Mal klimaschädlicher sind, als die am Boden verursachten“, sagt Reh. Der Anteil, den der Flugverkehr an der Erderwärmung hat, betrage deshalb bis zu acht Prozent und sei damit höher, als zum Beispiel der durch den Lkw-Verkehr verursachte.

Um solche und ähnliche Argumente zu entkräften, startet die Luftverkehrsindustrie ihre PR-Maschine, um auf jüngste technische Errungenschaften hinzuweisen. So hat der Triebwerksbauer MTU Aero Engines gerade angekündigt, in drei Schritten bis 2035 ein Triebwerk zu entwickeln, das nur noch gut zwei Drittel der Abgasmenge heutiger Aggregate ausstößt. „Ich rede nicht über Visionen, sondern über Projekte, die wir auf den Weg gebracht haben und zu den festgesetzten Zeiten auf den Markt bringen können“, sagte MTU-Vorstand Rainer Martens. Außerdem setze MTU auf Alternativen zum Kerosin, so Martens. Heutige Motoren könnten bereits durch kleine Umbauten mit Bio-Sprit betrieben werden.

Auch Fluggesellschaften machen sich öffentlich klimafreundliche Gedanken: „Wir setzen immer die leisesten, saubersten und sparsamsten Flugzeuge ein, da wir unsere Flotte je nach Flugzeugtyp alle sechs bis acht Jahre austauschen“, sagt Claudia Löffler, Sprecherin von Air Berlin. Bei gerade getätigten Neuanschaffungen habe man sich aus Gründen des Umweltschutzes für den „Dreamliner“, die 2008 startbereite Boeing 787, entschieden. Durch die bei der 787 verwendete, leichtere Bauweise können laut Boeing bis zu 20 Prozent Treibstoff gespart werden. Airbus zieht nach und will die CO2-Emission seiner neu produzierten Flugzeuge bis 2020 gleich um 50 Prozent senken. Das hatte Airbus-Präsident Louis Gallois vor einem Monat angekündigt.

Die Lufthansa hat, um ihr Umweltbewusstsein anzupreisen, eine Anzeigenkampagne gestartet. „Wir haben vielleicht bisher nicht genug kommuniziert, dass für uns der Umweltschutz eine große Rolle spielt“, räumt Sprecherin Stefanie Stotz ein und verweist darauf, dass man bereits seit 1995 einen Nachhaltigkeitsbericht herausgebe.

Für Umweltschützer Reh ist all das Teil einer „gezielten Irreführung“. Der Zuwachs an CO2-Emissionen durch immer mehr Flüge könne trotz technischer Fortschritte nicht ausgeglichen werden. „Berechnet man den CO2-Ausstoß pro Kopf und Kilometer, wird die Flugreise noch lange Zeit schädlicher sein, als eine Zug- oder sogar Autofahrt über die gleiche Strecke.“ Sebastian Gierke

Sebastian Gierke

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