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Die Lufthansa ist von der Coronakrise schwer getroffen.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Lufthansa braucht Hilfe: Der Staat darf den Wettbewerb am Himmel nicht verzerren

Der Staat sollte nicht bei der Lufthansa einsteigen. Stattdessen braucht es Rettungsfonds für die gesamte Luftfahrt. Am besten auf EU-Ebene. Ein Gastbeitrag.

Die Corona-Pandemie hat den Luftverkehrssektor mit voller Wucht getroffen und quasi lahmgelegt. Die Lufthansa allein verliert nach eigenen Aussagen eine Million Euro – pro Stunde. Die kumulierten Verluste über die nächsten Monate könnten demnach bis zu zehn Milliarden Euro betragen. Aktuell verfügt der Konzern über liquide Mittel von gut vier Milliarden Euro. Doch die werden nicht reichen.

Eins ist sicher: Die Lufthansa und all die anderen Fluglinien werden es aus eigener Kraft nicht schaffen, die Krise zu bewältigen. Sie rufen also berechtigterweise nach direkter Hilfe vom Staat und der Staat scheint bereit zu helfen – aber nicht ohne Bedingungen.

Jedoch sollte er sich genau überlegen, welche Hilfe am sinnvollsten ist. Denn die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen und negativen Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist groß – nicht nur innerhalb Deutschlands. Think big and global, sollte daher die Devise lauten.

Sicherlich wäre es denkbar, dass der Staat Minderheitsaktionär bei Lufthansa wird, um eine Kapitalerhöhung mit öffentlichen Geldern zu finanzieren. Einem Medienbericht zufolge fordert die Bundesregierung im Gegenzug eine Sperrminorität und Aufsichtsratsmandate.

Helfen – aber wie?

Die Lufthansa scheint davon wenig begeistert zu sein und erwägt als Alternative ein Schutzschirmverfahren - das heißt ein Insolvenzverfahren, in dem das Management des Unternehmens unter die Aufsicht eines Sachverwalters eine mögliche Sanierung angeht.

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Eine direkte Beteiligung des Staates an Lufthansa mit Eigenkapital sollte in der Tat skeptisch betrachtet werden. Besonders problematisch wäre es, wenn der deutsche Staat nur der Lufthansa Beihilfe anböte. Das würde kleinere Fluggesellschaften stark benachteiligen und hätte negative Konsequenzen für den Wettbewerb in dem Sektor.

Viel geeigneter wäre hingegen ein Fonds, der Unternehmen mit Liquiditätsproblemen in Form von Krediten und Bürgschaften hilft. Kurz: Wenn sich schon der Staat am Luftverkehrssektor beteiligen will, sollte er es eher mit Fremdkapital statt mit Eigenkapital tun und möglichst nicht nur die Lufthansa, sondern die ganze Branche unterstützen.

Subventionsrennen schlecht für den Wettbewerb

Doch Deutschland ist keine Insel, schon gar nicht, wenn es um das Thema Luftverkehr geht. Ist es also sinnvoll, dass der deutsche Staat direkt „seine“ deutsche Fluglinie unterstützt? Müssen wir nicht gerade in dieser globalen Krise und gerade für diesen Sektor nach einer internationalen Lösung suchen?

Tomaso Duso hält eine direkte Beteiligung des Bundes an der Lufthansa für falsch.
Tomaso Duso hält eine direkte Beteiligung des Bundes an der Lufthansa für falsch.

© promo

Die Situation der Lufthansa ist nicht anders als die der meisten Wettbewerber. US-amerikanische sowie andere europäische Fluggesellschaften wie Air-France-KLM suchen ebenfalls die Unterstützung ihres Staates. Andere hingegen, wie Ryanair oder Easyjet, bekommen möglicherweise keine staatlichen Beihilfen. Das könnte zu einem Subventionsrennen ausarten.

In der Tat scheinen die großen Fluggesellschaften nicht nur in Deutschland extrem starken politischen Einfluss zu haben. Die amerikanische Regierung plant, rund 50 Milliarden Dollar für die Rettung der heimischen Airlines auszugeben. Air-France-KLM, einer der stärksten Konkurrenten der Lufthansa in Europa, wird über staatliche Kreditbürgschaften vier Milliarden Euro und zusätzlich drei Milliarden als direkten Staatskredit von der französischen Regierung erhalten. Möglicherweise werden Frankreich und die Niederlande sich auch an einer Kapitalerhöhung beteiligen. 

Nur keine nationalen Champions

Wenn nur die großen Konzerne eine Hilfespritze ihrer Regierung bekommen und auch nicht alle Regierungen dazu bereit sind, würde der Wettbewerb weiter verzerrt. Um dies zu vermeiden, sollte die Europäische Kommission, die ohnehin diese Rettungspakete zuerst genehmigen muss, dringend eine zentrale europäische Lösung ins Spiel bringen.

Beispielweise könnte ein europäisches Programm für den gesamten Luftverkehrssektor die Risiken für den Wettbewerb mindern. Nicht nur einige „nationale“ Champions könnten davon profitieren, sondern auch kleinere Fluggesellschaften, die nicht so viel politische Unterstützung haben. Darüber hinaus könnte die Europäische Kommission mit einem zentral geplanten Umstrukturierungs- und Unterstützungsplan für die Luftfahrtindustrie auch andere wichtige politische Ziele, wie etwa klimapolitische Ziele, vorantreiben.

Es gilt in Corona-Zeiten wie so oft: Nationale Regierungen sollten nicht nur ihre nationalen Champions unterstützen, sondern größer denken und den gesamten europäischen Luftverkehrssektor retten. Dies ist eine Chance für die Europäische Union, als solche wieder mit Kontur in Erscheinung zu treten, und die beste Lösung für die europäischen Bürgerinnen und Bürger.
Professor Tomaso Duso ist Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Tomaso Duso

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