zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Lufthansa: Rüdiger Pohl im Interview: "Monopolsituation schamlos ausgenutzt"

Professor Rüdiger Pohl ist Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle. Herr Pohl, wie bewerten Sie den aktuellen Tarifabschluß bei der Lufthansa?

Professor Rüdiger Pohl ist Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle.

Herr Pohl, wie bewerten Sie den aktuellen Tarifabschluß bei der Lufthansa?

Der Abschluss ist zu hoch und paßt überhaupt nicht in die Landschaft, wenn ich das an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung messe. Ich hoffe, dass das keine Signalwirkung ausübt.

Wie könnte diese Signalwirkung aussehen?

Ich fürchte, dass es eine neue Debatte gibt. Alle Branchen, die jetzt zwischen 2,5 und 2,9 Prozent abgeschlossen haben - das sind im Dienstleistungsbereich einige - werden sich jetzt natürlich die Augen reiben und fragen: Warum sind woanders 20 Prozent möglich? Bei der Lufthansa gibt es neben den Piloten auch noch andere Beschäftigungsgruppen, die sich nach diesem Abschluss aufgerufen fühlen nachzufragen.

Müssen sich die Gewerkschaften anderer Branchen wie Metall und Chemie jetzt an diesem hohen Abschluss orientieren?

Wenn man an die Vernunft appelliert, dürften sie es nicht tun. Aber sie werden es natürlich schwer haben. Hier tritt ein völlig neues Problem auf: Das ist das erste Mal, dass eine Gruppe von Spezialisten ihre Monopolsituation in einem Unternehmen schamlos zu eigenen Zwecken ausnutzt. Das ist das Gegenteil von dem, was über Jahrzehnte im Rahmen von Flächentarifverträgen gemacht wurde. Wenn das der Auftakt zu einer völlig neuen Lohnpolitik ist, dass kleine Gruppen, die am Schalthebel sitzen für sich die höchsten Abschlüsse herausholen, dann haben wir natürlich eine völlig neue Tariflandschaft. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, möchte ich mir im Moment gar nicht ausmalen.

Welche volkswirtschaftlichen Gefahren könnten sich ergeben, wenn andere große Branchen mit ähnlich hohen Tarifabschlüssen nachziehen?

Ich sehe vor allem Gefahren für die Beschäftigung. In den letzten drei, vier Jahren war die Lohnpolitik ausgesprochen moderat. Das hat sich ausgezahlt: Die Arbeitslosenquote ist in den letzten Jahre deutlich zurückgegangen, die Beschäftigung ist gestiegen. Wenn jetzt das Ruder herumgerissen wird und wieder Lohnsteigerungen in einer nennenswerten Größenordnung auftreten, treibt das die Kosten der Unternehmen in die Höhe. Das ist schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit und wird notgedrungen zu Entlassungen führen.

Herr Pohl[wie bewerten Sie den aktuellen Tarifabs]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false