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Wirtschaft: Luxus über den Wolken

US-Hersteller beherrschen den Markt für exklusive Privatflugzeuge. Europa will aufholen – mit einem Luftraum ohne Grenzen

Ein Kleinflugzeug kann man den Privatjet von Schauspieler John Travolta wahrlich nicht nennen: Eine umgebaute Boeing 707 nennt der Hobbypilot sein eigen. Mit dem Flieger, den er nach seinen Kindern „Jett Clipper Ella“ benannte, umrundet er fleißig den Globus: Um das negative Image der Luftfahrt nach dem 11. September 2001 zu verbessern, machte der Hollywood-Star eine „Spirit of friendship tour“ durch elf Länder.

Travoltas teures Hobby liegt im Trend. Die Nachfrage nach Privatjets zieht wieder an: Neue Technologien, Geschäftsideen und die Märkte in Osteuropa bringen Schwung in die überschaubare Branche. Der Markt für Privatflugzeuge und Firmenjets, in Fachkreisen General Aviation genannt, stagnierte in den vergangenen Krisenjahren. Der Verband der amerikanischen Kleinflugzeugbauer (Gama), der für einen Großteil der Weltproduktion steht, meldet mit 541 Auslieferungen für das erste Quartal 2004 ein Plus von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Mit etwas Verzögerung wird auch der Markt in Europa wieder anspringen“, ist Bernd Gans überzeugt, der Vorsitzende des deutschen Geschäftsflieger-Verbandes GBAA. Er hofft auf eine Belebung durch die neuen EU-Mitglieder in Osteuropa: „Unternehmen wie Volkswagen, aber auch Mittelständler, die dort stark engagiert sind, werden zunehmend auf Firmenjets setzen“, glaubt Gans.

Schiene und Straße seien in den wachstumsstarken Ländern meist noch unterentwickelt und Linienflüge führten nur in die Hauptstädte. „Viele Unternehmen werden über Alternativen nachdenken, bevor sie hochqualifizierte Mitarbeiter stundenlang ins Auto setzen.“

Der bayerische Hersteller Grob Aerospace ist überzeugt, das passende Flugzeug für die Ostexpansion der Wirtschaft entwickelt zu haben. „Die G 160 Ranger hat eine Reichweite von 4000 Kilometern und ist sehr robust gebaut. Damit können Sie auch auf kleineren, wenig ausgebauten Flugfeldern abseits der Hauptstädte landen“, sagt Andreas Strohmayer, der in der Unternehmensgruppe Grob den Bereich Luftfahrt leitet. Statt aus Aluminium besteht die Außenhülle von Grob-Flugzeugen aus besonders leichter und haltbarer Kohlefaser. Die Ranger, die in der Kabine vier Geschäftsreisenden komfortabel Platz bieten soll, wird auf der ILA erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Während Grob das Flugzeug von außen revolutioniert hat, blickt Thielert auf die inneren Werte. Ein großes Problem hemmt die Entwicklung der ganzen Branche: Die hohen Spritkosten. Kleinflugzeuge schlucken in der Regel nicht Kerosin, wie die großen Passagiermaschinen, sondern das teurere Flugbenzin. Etwa 1,70 Euro kostet der Liter, auf hundert Kilometer kommen so 45 bis 50 Euro zusammen. „Unsere Dieselmotoren“, wirbt Thielert-Sprecher Sebastian Wentzler, „reduzieren die Kosten auf 15 bis 20 Euro pro 100 Kilometer.“ Wentzler zufolge ist die Nachfrage nach der Neuentwicklung, die vor einem Jahr im sächsischen Lichtenstein in Serie ging, immens: Weit mehr als 200 Stück habe Thielert im ersten Jahr verkauft. „Wir können gar nicht so schnell produzieren, wie wir verkaufen könnten“, sagt Wentzler.

Mit innovativen Produkten hoffen deutsche und europäische Hersteller, auf den mit Abstand wichtigsten US-Markt vorzustoßen und den Platzhirschen Cessna herauszufordern. Luftfahrtexperte Rolf Döpinghaus sieht aber auch Chancen auf eine Belebung des europäischen Geschäfts, das bisher durch bürokratische Hürden der einzelnen EU-Staaten behindert werde. „Wir bekommen nun endlich eine einheitliche Flugsicherheitsbehörde, auf die wir lange gewartet haben.“ Wer weiß, vielleicht liegt die Zukunft des Autos ja doch in der Luft.

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