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Wirtschaft: Mal abtauchen

Termindruck, immer erreichbar, weltweit vernetzt: Wer viel arbeitet, braucht ab und an Urlaub. Aber welchen? Drei Porträts

Deutschland steht unter Stress. Acht von zehn Menschen hierzulande empfinden ihren Alltag als belastend, hat eine vor nicht allzu langer Zeit vorgelegte Studie der Techniker Krankenkasse ergeben. Jeder Dritte klagt sogar, er leide unter Dauerdruck. Stressfaktor Nummer eins: der Job. Um mit der Anstrengung umzugehen, brauchen wir gelegentlich Urlaub (siehe Interview). Doch was entspannt? Drei Berliner präsentieren ihr persönliches Stress-Kompensationsprogramm.

MARTIN WRZALEK, 33

Abtauchen. Runter in die Tiefe des Ozeans. Das ist die schönste Entspannung, die ich mir vorstellen kann. Wenn man im Wasser ist, quatscht einen keiner an, die Seele schwebt, der Alltag ist vergessen.

Von Beruf bin ich Eventmanager bei der BVG. Ich organisiere Veranstaltungen, Tagungen, Straßenfeste. Wenn wir große Projekte betreuen, ballt sich die Arbeit manchmal gewaltig – und von Frühling bis Herbst stehen eigentlich immer einige große Projekte ins Haus. Oft sitzt man dann bis spätabends im Büro. Nach solchen anstrengenden Phasen gibt es kaum etwas, das meine Batterien so gut und zuverlässig wieder auflädt wie zwei oder drei Wochen – im wahrsten Sinne des Wortes – Tiefenentspannung.

Es ist diese Mischung aus Adrenalin und Meditation, die das Tauchen so besonders macht. Mit Haien unter Wasser zu schwimmen ist einerseits Nervenkitzel, aber andererseits hat man dabei auch eine unglaubliche Ruhe. Deshalb nutze ich auch fast meinen gesamten Urlaub fürs Tauchen, seit ich 1997 das erste Mal unter Wasser war.

Am liebsten fahre ich dahin, wo es noch keinen Massentourismus gibt. Das kostet natürlich mehr, ist aber auch ein viel schöneres Erlebnis. Der tollste Trip war einer nach Galapagos. Aber auch auf den Malediven war ich schon und auf den Azoren. Ich finde es überall schön, wo es große Tiere gibt wie Rochen, Wale oder Delfine.

Irgendwann möchte ich auch noch mit einem Weißen Hai tauchen. Das kann man vor Guadeloupe in Mexiko machen. Nächstes Jahr geht es aber erst mal nach Coco Island. Die liegt vor Costa Rica, und der Legende nach soll es sich dabei um die Schatzinsel aus Stevensons Roman handeln. Wer weiß, vielleicht liegt der da ja wirklich noch irgendwo vergraben.

ANJA FESSMANN, 35

Ich kann nicht lange stillsitzten. Ich brauche Bewegung – auch in der Freizeit. Wenn ich am Wochenende frei habe, mache ich Gartenarbeit und im Urlaub muss ebenfalls etwas passieren. Stundenlanges Rumliegen am Strand ist für mich also nicht Entspannung, sondern Horror.

Um mich von meinem Job als Projektmanagerin bei Siemens zu erholen, gehe ich deshalb am liebsten wandern. Je weiter weg und je schlechter der Handyempfang, desto besser. Am besten ist, wenn es noch nicht mal ein Internetcafé am Urlaubsort gibt. Zu groß wäre sonst die Versuchung, doch noch schnell eine E-Mail zu schreiben oder auf einen Anruf zu reagieren.

Ein paarmal war ich schon in den schottischen Highlands. Da kann man direkt am Wasser entlangmarschieren und Himbeeren pflücken. Ich als Stadtmensch, der im Büro ständig mit Handy, Notebook und Terminstress zu tun hat, kenne kaum etwas Schöneres.

Diese Jahr geht es aber erst einmal in die Dolomiten. Und das gleich ein paar Wochen. Von Kurzurlaub halte ich nämlich nichts. Wenn ich nur zwei Wochen weg bin, dann bin ich nach zwei Tagen im Büro schon wieder müde. Drei Wochen sind bei mir das Minimum, um zu entspannen.

Früher bin ich auf meinen Touren auch immer von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit marschiert, um möglichst viel Kultur mitzunehmen. Das geht mit meiner vierjährigen Tochter jetzt aber nicht mehr uneingeschränkt. Sie kann Schlössern und Museen noch wenig abgewinnen. Deshalb gibt es mittlerweile meist Tagestouren. Aber auch das ist für mich die beste Stressbewältigung.

ALEXANDER GRZEGORZEWSKI, 41

Entspannen ist relativ einfach: Joggingschuhe an, Kopf frei. Zum Abschalten gibt es für mich nichts Besseres als Rennen. Das gilt im Alltag, aber das gilt vor allem auch im Urlaub.

Wenn ich arbeite, muss ich mein Lauf-Programm regelmäßig straffen. In den Ferien kann ich mir alle Zeit der Welt nehmen. Dann kann ich mein Training ohne Zeitdruck durchziehen. Das heißt nicht, dass ich dann gleich ins Marathon-Lauflager fahre, aber ein Urlaub ohne langes Joggen ist kein Urlaub.

Früher bin ich viel Rennrad gefahren, das war auf Dauer aber unglaublich zeitaufwendig. Das Laufen hingegen funktioniert sogar, wenn man wie ich mit kleinen Kindern verreist. Für den Urlaub habe ich einen Fahrradanhänger besorgt, den man zu einem Schiebewägelchen umbauen kann. Da packe ich die Kleinen dann rein und laufe mit dem Wagen vor mir durchs Gelände.

Das Schöne am Laufen ist, dass man völlig bei sich ist. Keine Termine, keine Ablenkung, nur der Weg und die Musik im Ohr. Diese Konzentration auf den Moment, dieses Loslassen, ist unglaublich entspannend.

In Berlin muss ich ständig erreichbar sein, weil ich bei Bayer für die Sicherheit auf dem Werksgelände verantwortlich bin. Das Handy ist also immer an, denn man kann nie wissen, wann wo was passiert. Leider kann ich deshalb auch selten mehr als zwei Wochen am Stück Urlaub machen, aber dank des Laufens reicht auch die kurze Zeit, um allen Stress loszuwerden.

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