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Wirtschaft: Manager und das rechte Maß

Ausgerechnet Heinrich von Pierer wendet sich gegen hohe Gehälter. Verdi beziffert eine Obergrenze: das 20-Fache des Tariflohns

Berlin – Gerade erst hat er der Anhebung der Siemens-Vorstandsbezüge um 30 Prozent zugestimmt, jetzt wendet sich Heinrich von Pierer gegen überzogene Managergehälter. „Wir dürfen uns bei der Entlohnung von Managern nicht an amerikanischen Verhältnissen ausrichten, weil wir das hier überhaupt niemandem vermitteln können und weil ich es auch nicht für gerechtfertigt halte“, sagte der langjährige Konzernchef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende von Siemens am Donnerstagabend im ZDF.

Die Gewerkschaft Verdi brachte eine gesetzlich festzulegende Obergrenze ins Gespräch. Im Aktiengesetz solle festgelegt werden, dass an Vorstände maximal das 20-Fache eines Tariflohnes gezahlt werden dürfe, forderte das Verdi-Vorstandsmitglied Uwe Foullong. Den freiwilligen Verzicht auf Erhöhung der Vorstandsbezüge in wirtschaftlich schwierigen Zeiten halte er für „reine Symbolpolitik“, mit der kein Problem gelöst werde. Gemessen am Durchschnittsgehalt von 32 500 Euro im deutschen Bankgewerbe dürfte Foullong zufolge ein Vorstand lediglich 650 000 Euro verdienen.

Aktionärsvertreter sprachen sich gegen den Verdi-Vorschlag aus. „Von einer gesetzlichen Obergrenze für Managerbezüge halten wir nichts“, sagte Klaus Schneider, der Vorsitzende der Deutschen Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Gleichwohl seien bei der Vergütung einzelner Spitzenmanager in Deutschland „Grenzen überschritten“ worden. Die Kontrolle obliege aber nicht dem Staat. „Wir bräuchten bessere Aufsichtsräte, die den Daumen drauf halten“, sagte Schneider. Ähnlich äußerte sich Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Obergrenzen seien „ein Unding für die Marktwirtschaft“, sagte er dieser Zeitung. Es sei Sache des Aufsichtsrates, verhältnismäßige Vorstandsgehälter zu vereinbaren. „Das kann man nicht gesetzlich regeln.“ Doch auch Hocker mahnte Zurückhaltung an. „Die deutschen Aufsichtsräte müssen wissen, dass wir in unserem Gehaltsgefüge schon Europas Spitze sind.“

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lehnt gesetzliche Regelungen ab. „Der Verdi-Vorstoß, Gehälter festzuschreiben, verträgt sich weder mit einer freiheitlichen und markwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung noch mit dem Ziel, internationale Managereliten für deutsche Unternehmen zu gewinnen“, sagte Hauptgeschäftsführer Ludolf von Wartenberg am Freitag dem Tagesspiegel. „Managergehälter werden regelmäßig als zu hoch, unethisch oder unmoralisch kritisiert. Selbst wenn es vereinzelt schwarze Schafe gibt, ist in der großen Breite an den Vergütungen nichts auszusetzen.“ Es gebe nur eine begrenzte Anzahl von Personen, die in der Lage seien, die Verantwortung, die Belastung und das Risiko eines Spitzenjobs erfolgreich zu tragen, und daran bemesse sich die Vergütung. Allerdings sollten verstärkt ertragsabhängige Komponenten einbezogen werden.

Bei Siemens hatte der Vorstand nach massiver Kritik für ein Jahr auf die höheren Bezüge verzichtet – das Geld soll nun den Mitarbeitern der insolventen BenQ Mobile, der früheren Siemens-Handysparte, zugutekommen. Allein rund eine Million Euro kommt von Vorstandschef Klaus Kleinfeld – so stark steigen seine Bezüge nun erst ein Jahr später. Auch Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hat wegen geplanter Gehaltskürzungen für 45 000 Beschäftigte einen Verzicht des Vorstands angekündigt, aber noch nicht genau beziffert. mod/mot/stek

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