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Großverdiener. VW-Chef Martin Winterkorn ist trotz einer Deckelung seiner Bezüge mit 14,5 Millionen Euro Jahresgehalt Spitzenreiter in Deutschland.

© dpa

Managerbezüge: Große Koalition gegen die Gier

Der Erfolg der „Abzockerinitiative“ in der Schweiz regt eine Diskussion um die Bezahlung von Führungskräften in Deutschland an. Die Politik prescht vor - die Wirtschaft bleibt skeptisch.

Eine Begrenzung der Manager-Gehälter in Deutschland durch die Politik rückt näher. Vertreter von Regierung und Opposition verlangten am Montag, das Thema – ähnlich wie in der Schweiz – auf die Tagesordnung zu setzen. Die EU-Kommission will noch in diesem Jahr zu dieser Frage einen Gesetzesvorschlag vorlegen. „Wir marschieren in dieselbe Richtung“, sagte der Sprecher des zuständigen EU-Kommissars Michel Barnier mit Blick auf die Schweiz.

Die Regelung in der Schweiz, für die am Sonntag fast 68 Prozent der Wähler gestimmt hatten, sei ein „interessanter Vorschlag“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle nannte das Ergebnis „sehr begrüßenswert“. Er hoffe, „dass sich daraus Konsequenzen entwickeln“, sagte er. „Wir können in der Koalition noch vor der Bundestagswahl ein Zeichen setzen.“ CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zufolge wird geprüft, ob Handlungsbedarf bestehe. Es gebe „ein großes Unwohlsein“ über „Auswüchse“ und „gigantische Bonuszahlungen“.

Die Schweizer hatten für eine „Volksinitiative gegen die Abzockerei“ gestimmt. Sie hat zum Ziel, dass künftig Aktionäre eines börsennotierten Firma auf der Hauptversammlung jedes Jahr neu über die Manager-Bezüge entscheiden. Bisher hat der Verwaltungsrat hier das Sagen. Sonderzahlungen bei Antritt oder Abschied eines Managers, der so genannte „goldene Handschlag“, soll es gar nicht mehr geben. Bei Verstößen gegen die neue Vorschrift drohen Geld- oder Gefängnisstrafen.

Die Regelung in Deutschland ist, obwohl 2009 verschärft, recht schwammig. Laut Aktiengesetz müssen die Gesamtbezüge „in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen“ eines Managers stehen. Aktionäre können auf einer Hauptversammlung zudem nur über das Vergütungssystem abstimmen, nicht aber über die absolute Höhe. Zuletzt hatten die Bezüge von VW-Chef Martin Winterkorn für Aufsehen gesorgt. Ursprünglich sollten sie für 2012 bei 20 Millionen Euro liegen, der Aufsichtsrat begrenzte sie auf 14,5 Millionen. Auch die Bezüge mehrerer Banker hatten für Streit gesorgt.

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© Tsp

Die CSU will die Vergütung ebenfalls begrenzen. „Der Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt ist heute ab einer bestimmten Kategorie nicht mehr gegeben“, sagte Georg Nüßlein, wirtschaftspolitischer Sprecher im Bundestag, dem Tagesspiegel. Es sei „eine gute Idee, die Hauptversammlung über die Gehälter der Vorstände entscheiden zu lassen“. Auch eine gesetzliche Begrenzung hält Nüßlein für möglich – etwa in der Form, dass der flexible Teil des Gehalts in einem bestimmten Verhältnis zum Fixum stehen müsse. Auch Ernst Hinsken (CSU), Vorsitzender im Bundestags-Wirtschaftsausschuss, plädierte dafür. „Bei uns ist es längst überfällig, die Gehälter der Spitzenverdiener wieder auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen“, sagte er. Die Vergütungen sollten „in einem nachvollziehbaren Verhältnis zur erbrachten Leistung“ stehen. Das könne die Hauptversammlung eines Unternehmens festlegen. Nüßlein und Hinsken äußerten sich aber skeptisch, das Thema noch vor der Wahl zu entscheiden. Man dürfe es aber „nicht auf die lange Bank schieben, sondern es bald entscheiden“, forderte Hinsken. Auch SPD, Grüne und Linke wollen die Manager-Gehälter begrenzen.

Die Wirtschaft war indes skeptisch. Es bestehe „kein Bedarf für eine Neuregulierung“, teilte der Industrieverband BDI mit. Lutz Goebel, Präsident des Familienunternehmer-Verbandes, sprach sich für eine Stärkung der Hauptversammlung aus, lehnt staatliche Obergrenzen aber ab. „Ich vertraue den Aktionären mehr als pauschalen staatlichen Begrenzungen, die die unternehmerische Wirklichkeit nicht ausreichend berücksichtigen können“, teilte er mit. Die Regierungskommission zur Unternehmensführung („Corporate Governance“) hatte kürzlich eine Deckelung der Managerbezüge vorgeschlagen. Der Kommissionsvorsitzende und Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller glaubt aber nicht, dass die Schweiz ein Vorbild sein sollte. Vieles sei hier bereits Standard, sagte er.

Erst vergangene Woche hatte sich die EU auf eine Deckelung der Banker-Boni geeinigt – die aber für andere Branchen nicht gilt. Ein Bonus darf das Fixgehalt demnach nur übersteigen, wenn die Hauptversammlung dies ausdrücklich erlaubt. Allerdings ist Großbritannien mehr oder weniger offen gegen das Vorhaben. Mitarbeit: Christopher Ziedler

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