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Wirtschaft: Manchester United dominiert auch das Parkett

Viele europäische Fußballaktien sind Anlegern nicht zu empfehlen – die Engländer bilden eine Ausnahme

London (chu/HB/Tsp). Auf gute Nachrichten haben Fußballaktionäre in Großbritannien lange warten müssen. Nach dem Horrorjahr 2002, in dem die Kurse der börsennotierten britischen Fußballclubs geradezu abgestürzt waren, kamen die Spekulationen um eine mögliche feindliche Übernahme des Rekordclubs Manchester United (ManU) gerade Recht. Als britische Zeitungen berichteten, dass mehrere Millionäre größere Aktienpakete an dem Traditionsverein erworben hätten, schoss der Kurs der ManUAktie steil nach oben. Seit Jahresbeginn verzeichnet das Papier ein Plus von rund 30 Prozent, in seinem Sog machten auch die Aktien anderer britischer Vereine Boden gut.

Die Kursgewinne nähren unter den Anlegern die Hoffnung, dass die Baisse der Fußball-Aktien nun ein Ende finden könnte. Marktbeobachter sind jedoch skeptisch. „Manchester ist in jeder Hinsicht ein Ausnahmeverein“, mahnt David Pope, Analyst bei Brewin Dolphin Securities. Anders als der Traditionsclub, der mit Superstars wie David Beckham aufwarten kann, sind die übrigen 22 börsennotierten Vereine von der Insel teils hoch verschuldet und stecken in einer tiefen Krise. Erst in der vergangenen Woche musste Leeds-United-Präsident Peter Ridsdale angesichts eines Halbjahresverlustes von 25,5 Millionen Pfund seinen Schreibtisch räumen. Analyst Pope warnt deshalb: „ManU ist das einzige Papier, das man im Moment guten Gewissens empfehlen kann.“

Auf dem europäischen Kontinent sieht die Lage für Fußballaktien nicht besser aus. Die Papiere der im Bloomberg Eurokick-Index erfassten Vereine enttäuschten die Anleger im vergangenen Jahr mit einem Minus von 43 Prozent. Über dem Emissionspreis notiert zurzeit neben der Aktie von ManU nur noch das Papier des dänischen Clubs Bröndby Kopenhagen. Selbst die Anteilsscheine großer Namen wie Ajax Amsterdam, Juventus Turin oder Lazio Rom sind heute weniger wert als am ersten Handelstag.

Auch Borussia Dortmund, einziger deutscher Club an der Börse, kommt aus dem Kurstief nicht heraus, die Papiere dümpeln um die Marke von 2,70 Euro. Für Anleger bietet Dortmund jetzt eine Alternative zu Aktien und will Fondsanteile am Westfalenstadion verkaufen. Die Rendite soll bei 8,3 Prozent liegen und könne sogar um bis zu 0,9 Prozentpunkte steigen, sollte Dortmund an internationalen Wettbewerben teilnehmen.

Alle Fußball-Unternehmen leiden darunter, dass ihr Geschäft zu stark von den sportlichen Erfolgen abhängt. Das Ergebnis eines Spieltages oder die Frage des Einzugs in die Champions-Leage können den Kurs der Aktien stark bewegen. „Eine Investition in Fußballaktien hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Glücksspiel“, sagt Pope. In den vergangenen Jahren hat sich die Abhängigkeit vom Erfolg auf dem Rasen bei vielen Vereinen noch erhöht. In Großbritannien machen die Einnahmen aus Eintrittsgeldern gerade noch ein Drittel der Erlöse aus, während Sponsoring und der Verkauf der Fernsehrechte den Löwenanteil beisteuern. Doch je wichtiger diese werden, desto größer ist das finanzielle Risiko einer sportlichen Pechsträhne.

Hinzu kam im vergangenen Jahr der Zusammenbruch des britischen Bezahlsenders ITV Digital, der die Angst vor einbrechenden Umsätzen aus der Vermarktung von Fernsehrechten schürte. In anderen europäischen Ländern sind die Preise für die TV-Rechte bereits unter Druck geraten. Alle Clubs versuchen deshalb verzweifelt, neue Geschäftsfelder zu besetzen. Doch gerade kleineren Vereinen mit weniger bekannten Namen gelingt das nicht. „Viele von denen sind einfach nicht börsengeeignet“, kritisiert Paul Sibianu, Analyst bei der WGZ-Bank.

Vorzeigeclub Manchester United ist wiederum allen anderen voraus. In den vergangenen Jahren haben die Engländer Hotels und Reisebüros für ihre Fans eröffnet, eine ManU-Kreditkarte ins Angebot aufgenommen und vertreiben ihre Trikots beinahe weltweit. „Manchester ist seinem Ziel schon sehr nahe gekommen, sich vom Fußballverein zum Unterhaltungskonzern zu wandeln“, lobt Analyst Sibianu. Die übrigen börsennotierten Fußballunternehmen versuchen indes mit mäßigem Erfolg, dem Beispiel der Nordengländer zu folgen. Dennoch empfiehlt Analyst Sibianu – anders als sein Kollege Pope – neben ManU auch die Aktien von Juventus Turin und Borussia Dortmund zum Kauf. Der italienische Verein verfüge über ein großes Potenzial, neue Umsatzquellen zu erschließen. Und Dortmund, die die WGZ-Bank mit auf das Parkett geführt hatte, sei an der Börse zurzeit nicht einmal mehr halb so viel wert wie sein eigener Kader.

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