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Mannesmann-Prozess: Ackermann wird neu angeklagt

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und die übrigen Angeklagten müssen erneut vor Gericht. Der Bundesgerichtshof hob die Freisprüche des Düsseldorfer Landgerichts wegen Rechtsfehlern auf.

Karlsruhe - Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom Mittwoch wird der spektakulärste Strafprozess der deutschen Wirtschaftsgeschichte um Millionenprämien an Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser neu aufgerollt.

Während Aktionärsschützer den Rücktritt des mächtigen Bankchefs forderten, sicherte der Aufsichtsrat der Deutschen Bank dem Vorstandssprecher «uneingeschränktes Vertrauen» zu. Ackermann selbst lehnte seinen Rücktritt ab. Die enorme Unterstützung habe ihn darin bestärkt, die Geschäfte weiter zu führen, sagte er nach Angaben eines Bank-Sprechers in München.

Der BGH verwies den Fall wegen Rechtsfehlern an eine andere Kammer des Düsseldorfer Landgerichts zurück. Das Gericht hatte im Juli 2004 alle sechs Angeklagten freigesprochen - darunter Esser, Ex-IG-Metall-Chef Klaus Zwickel sowie der einstige Aufsichtsrats-Vorsitzende Joachim Funk. Es ging um die Ausschüttung von 57 Millionen Euro Prämien und Pensionsabfindungen nach der Übernahme des Mannesmann-Konzerns durch die britische Vodafone Anfang 2000. Es war mit 188 Milliarden Euro die teuerste Firmenübernahme der Welt.

Nach den Worten des Senatsvorsitzenden Klaus Tolksdorf ist das Landgericht von zu hohen Hürden für die Strafbarkeit der Prämien ausgegangen. Es müsse nicht erst eine «gravierende Pflichtverletzung» vorliegen. (Az: 3 StR 470/04 vom 21. Dezember 2005) Bei den Angeklagten Ackermann, Funk und Zwickel sieht der BGH - anders als das Landgericht - «den objektiven Tatbestand der Untreue verwirklicht». Sie hätten ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt und der Mannesmann AG einen Vermögensnachteil zugefügt, sagte Tolksdorf. Die damaligen Aufsichtsräte hätten über fremdes Vermögen verfügt: «Sie waren gleichsam nicht Gutsherren, sondern Gutsverwalter.»

Der Aufsichtsrat des größten deutschen Geldhauses bedauerte die BGH-Entscheidung. Das Gremium gehe dennoch davon aus, dass Ackermann seine Arbeit erfolgreich fortsetzen werde. Aufsichtsratschef Rolf Breuer hatte zuvor in der «Financial Times Deutschland» (Mittwoch) bereits über die mögliche Suche nach einem Nachfolger für Ackermann gesprochen.

«Solange er Vorstandssprecher bleibt, ist der Fall Mannesmann auch immer ein Fall Deutsche Bank», sagte die Sprecherin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Reinhild Keitel, und forderte Ackermanns Rücktritt. Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz verlangte, Ackermann müsse über einen Rücktritt nachdenken.

Tolksdorf stellte klar, dass die 16-Millionen-Euro-Prämie an Esser nicht wegen ihrer außergewöhnlichen Höhe als Untreue eingestuft werde. Nicht vertraglich vereinbarte Sonderzahlungen ohne zukunftsbezogenen Nutzen seien «nichts anderes als Verschwendung anvertrauten Vermögens». Zugleich merkte er aber an, dass es auch bei grundsätzlich zulässigen Prämien «äußerste Grenzen» geben könnte: «Dass diese Prämie auch ihrer Höhe wegen jedenfalls in den Grenzbereich geraten wäre, das kann man schon feststellen.»

Bezüglich der Drei-Millionen-Euro-Prämie an Funk könnten sich die Angeklagten Ackermann und Zwickel auch nicht wie vom Landgericht angenommen auf einen «unvermeidbaren Verbotsirrtum» berufen. Laut BGH hat Ackermann die Funk-Prämie dagegen befürwortet, obwohl er zuvor von den rechtlichen Bedenken der Wirtschaftsprüfer erfahren habe.

Verteidiger schließt Freispruch nicht aus

Ackermanns Verteidiger Klaus Volk sagte kurz nach dem Urteil: «Das Verfahren ist sozusagen auf Null gestellt.» Er schließe einen erneuten Freispruch für Ackermann nicht aus. Auch Esser zeigte sich nach der Urteilsverkündung in Karlsruhe zuversichtlich. Nach seinem Eindruck sei es für den BGH entscheidend gewesen, ob Mannesmann von den Millionenprämien einen Vorteil hatte, sagte Esser. «Ich bin mir sicher, dass es gelingen wird, in der anstehenden Hauptverhandlung zu klären, dass ein solcher Vorteil da war.»

Die Bundesanwaltschaft als Vertreterin der Anklage hält den Ausgang der Neuauflage ebenfalls für offen. Für die Angeklagten «gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung», sagte Bundesanwalt Gerhard Altvater. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft will nach einer Analyse des Urteils entscheiden, ob gegen vier weitere ehemalige Mannesmann-Vorstände Anklage erhoben wird.

Der Stuttgarter Wirtschaftsrechtler Martin Sorg - der das Verfahren mit seiner Strafanzeige ins Rollen gebracht hatte - hob die Symbolwirkung der BGH-Entscheidung hervor: «Das Urteil wird dazu führen, dass das Top-Management in unseren Unternehmen mit seiner Verantwortung sorgsamer umgehen und das Aktionärsvermögen sensibler behandeln wird.»

Ackermann, Zwickel und Funk waren wegen des Verdachts der schweren Untreue angeklagt worden. Sie hatten dem für die Ausschüttungen zuständigen Aufsichtsrats-Präsidium angehört. Esser, der - zusätzlich zur vertraglichen Abfindung von rund 15 Millionen Euro - einen Bonus von 16 Millionen Euro bekommen hatte, wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Auf der Anklagebank saßen außerdem Jürgen Ladberg, Ex-Betriebsratsvorsitzender und Dietmar Droste, ein früherer Mitarbeiter. (tso/dpa)

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