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Mannesmann-Prozess: Das Schweigen des Josef Ackermann

Der Mannesmann-Prozess ist beendet. Der Richter widersprach dem Eindruck, die Beschuldigten hätten sich freigekauft. Ein Nachgeschmack bleibt dennoch für Josef Ackermann und seine Mitangeklagten.

Düsseldorf - Wo ist Ackermann? Kaum hatte der Düsseldorfer Richter Stefan Drees den Mannesmann-Prozess für beendet erklärt, schon war der Deutsche-Bank-Chef aus dem Gerichtssaal verschwunden. Josef Ackermann hatte den Raum nicht etwa durch das von Beobachtern belagerte Hauptportal für Prozessbeteiligte verlassen - er wählte einen Nebeneingang an der holzgetäfelten Stirnseite des Verhandlungssaals, fernab aller Kameras und Scheinwerfer. Nach Öffentlichkeit stand dem 58-Jährigen ganz offenbar nicht der Sinn an jenem Tag, an dem eines der spektakulärsten Wirtschaftsstrafverfahren der Republik zu Ende ging - oder, wie Kritiker sagen, beerdigt wurde.

Der klammheimliche Abgang von Deutschlands mächtigstem Banker aus dem Landgerichtsgebäude nahe der Düsseldorfer Altstadt hatte durchaus eine gewisse Symbolkraft. Denn am Ende des zähen Untreue-Verfahrens um Millionenprämien für Manager wollten die sechs Angeklagten wohl nur noch eines: die Akte Mannesmann schließen und dann - nichts wie weg. Ackermann ließ jedenfalls mit keiner Geste Genugtuung darüber erkennen, dass er den Gerichtssaal am Ende des jahrelangen juristischen Tauziehens als ein Mann verlassen konnte, der sich weiterhin als unschuldig im Sinne der Anklage bezeichnen darf.

Das Victory-Zeichen verfolgt Ackermann

3,2 Millionen Euro muss der der frühere Mannesmann-Aufsichtsrat Ackermann nun als "Gegenleistung" für die Einstellung des Verfahrens berappen - was Kritiker angesichts der 15 bis 20 Millionen Euro brutto, die der Deutsche-Bank-Chef nach eigenen Angaben jährlich verdient, als Pappenstil bezeichnen. Dennoch: Ohne Blessuren dürfte Ackermann nicht aus den beiden Prozessen um die Mannesmann-Millionen davongekommen sein. Sein berüchtigtes Victory-Zeichen zum Auftakt des ersten Mannesmann-Verfahrens im Januar 2004 hängt ihm immer noch nach - genauso wie das ebenso strahlende wie verfrühte Siegerlächeln, das er ein halbes Jahr später nach seinem später vom Bundesgerichtshof aufgehobenen Freispruch vor laufenden Kameras aufsetzte: "Freispruch ist Freispruch", beschied der Top-Manager seinerzeit siegesbewusst der Öffentlichkeit.

Bei dieser Vorgeschichte mag es wenig überraschen, dass Ackermann angesichts der bereits am Wochenende aufgeflammten Kritik an der Einstellung des Verfahrens und der Höhe seiner Geldauflage offenkundig lieber schweigen wollte. Auch der ansonsten durchaus beredte Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser, der nun 1,5 Millionen Euro zahlen muss, gab sich vor dem Verhandlungssaal wortkarg. Das Gericht habe gesprochen, stellte der 59-Jährige auf dem Gerichtsflur lakonisch fest und verzichtete auf einen weiteren Kommentar.

Das Gericht setzte sich mit der Kritik auseinander

Offensiv dagegen setzte sich die Düsseldorfer Wirtschaftsstrafkammer am letzten Prozesstag mit den Vorwürfen auseinander, die Verfahrenseinstellung gegen Geldauflagen komme einem "Freikauf" der Angeklagten gleich. Das Gericht übersehe nicht, dass in den vergangenen Tagen "vielfältige Kritik" laut geworden sei, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Drees, stellte aber zugleich klar: "Die Einschätzung, die Angeklagten würden sich 'freikaufen', teilt die Kammer nicht." Der zur Verfahrenseinstellung herangezogene Paragraf der Strafprozessordnung sei nämlich durchaus keine Vorschrift, "die Reiche begünstigt".

Zur Begründung bemühte der Richter die Statistik: Genau 126.174 Verfahren seien 2003 von deutschen Gerichten gegen Auflagen eingestellt worden - Prozesse gegen Angeklagte, die "ganz überwiegend nicht über besonders hohe Einkünfte oder Vermögen verfügten". Umgekehrt gelte die Vorschrift aber auch für reiche Beschuldigte, schrieb Drees den Kritikern ins Stammbuch. Denn schon aus dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes ergebe sich zweifelsfrei, "dass von der Anwendung der Vorschrift begüterte Angeklagte auch nicht ausgenommen werden dürfen". (Von Richard Heister, AFP)

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