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In Fetzen. Zur Sanierung Europas bedarf es mehr als einer Fortführung des griechischen Sparkurses.

© dapd

Markt-Reaktionen: Griechenland-Wahl reicht nur für Strohfeuer

Kurze Erleichterung am Aktien- und Devisenmarkt, doch sie ist nicht nachhaltig. Börsianer und Volkswirte rechnen nicht mit einem schnellen Ende der Krise. Sie fordern weitere Maßnahmen.

Börsianer und Volkswirte haben am Montag gefeiert – wegen des Erfolgs der deutschen Fußballmannschaft bei der Europameisterschaft. Das Wahlergebnis in Griechenland – Viertelfinalgegner der Deutschen – war dagegen für die Finanzexperten kein Grund zur Freude. Erleichtert war man auf dem Börsenparkett zwar, dass die Linken in Athen nicht ans Ruder kommen. „Die Probleme in Griechenland, Spanien und Portugal bleiben aber akut, die Eskalation hoch“, sagte Oliver Roth, Börsenhändler bei Close Brothers Seydler stellvertretend für viele Kollegen.

Der Kursanstieg der Aktien am Morgen sei ein Strohfeuer gewesen – der Dax hatte nach der Eröffnung um 1,2 Prozent auf 6306 Punkte zugelegt. „Es bleiben viele Unwägbarkeiten, die Krise ist keineswegs beendet“, betonte Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank. Nicht nur Roth glaubt, dass sich Griechenland auf Dauer nicht in der Eurozone halten kann. „Eine starke Währung und eine schwache Wirtschaft – das passt einfach nicht zusammen.“

Am Vormittag war der Dax schnell wieder zurückgefallen, nachdem für zehnjährige spanische Anleihen eine Rekordrendite von mehr als sieben Prozent genannt wurde. Danach ging es mit den Kursen wieder allmählich nach oben, aber von Euphorie war nichts zu spüren. Auch der Euro gewann zunächst gegenüber dem Dollar auf 1,2748. Er erreichte damit den höchsten Stand seit einem Monat, bevor es wieder auf 1,2624 Dollar deutlich nach unten ging.

Niemand auf dem Börsenparkett und unter den Volkswirten wollte am Montag von einem schnellen Ende der Krise in Griechenland und im Euroraum sprechen. „Es hat sich nicht allzu viel geändert, die Probleme sind wie zuvor“, betonte Ulrich Kater von der Dekabank. „Die Entwicklung bleibt unsicher“, sagte Michael Heise, Chef-Volkswirt der Allianz. „Wir rechnen damit, dass Griechenland jetzt etwas mehr Zeit gegeben wird.“ Commerzbank-Chef-Ökonom Jörg Krämer sieht für Griechenland nach wie vor schwarz. „Griechenland dürfte selbst gelockerte Auflagen nicht erfüllen.“ Er erwartet über kurz oder lang die Pleite des Staates. In fünf Jahren werde das Land dem Euro wohl nicht mehr angehören.

Einmal mehr richten sich die Augen der Börsianer und Volkswirte auf die Politiker in Euroland und in der EU. „Die Europäer müssen sich endlich einigen, Deutsche und Franzosen müssen wieder an einem Strang ziehen. Wir brauchen mehr Europa und das zügig“, sagt Börsenhändler Roth. „Aber das sagen wir schon seit zwei Jahren“, fügt er hinzu. Die Finanzmärkte müssten wieder Vertrauen fassen können. Vorerst sieht Roth das allerdings nicht. Die Schwankungen am Aktienmarkt würden auch in den kommenden Wochen und Monaten groß bleiben. Den Dax sieht Roth zwischen 5800 und 6500 Punkten schwanken.

„Als gutes Signal“ wertete im Gegensatz zu Börsianern der Bundesverband Deutscher Banken den Wahlausgang. Allerdings sollten sich mögliche Zugeständnisse an eine neue Regierung etwa beim Zeitrahmen der Haushaltskonsolidierung so klein wie möglich halten, sagte Banken-Präsident Andreas Schmitz am Montag. Ansonsten könne die Glaubwürdigkeit Europas im Kampf gegen die Schuldenkrise infrage gestellt werden.

Die Bundesbank reagierte zwar nicht direkt auf das Wahlergebnis in Athen, verbreitete aber Zuversicht. Trotz der hohen Unsicherheit habe die deutsche Wirtschaft Fahrt aufgenommen, so dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um ein Prozent zulegen werde, heißt es im Monatsbericht. 2013 könne es sogar um 1,6 Prozent aufwärtsgehen, wenn sich die Weltwirtschaft weiter erhole und die Staatsschuldenkrise sich nicht verschärfe. Allerdings lehnt die Notenbank eine gemeinsame Haftung der Euro-Staaten derzeit ab und weist die Idee eines Schuldentilgungsfonds zurück. Darin sollten alle Schulden der Euro-Staaten gepackt werden, die über der Schuldengrenze von 60 Prozent des jeweiligen Sozialprodukts liegen. Dies könnte die Zinslast drücken. Damit, so die Bundesbank, würden Haftung und Kontrolle erheblich aus der Balance geraten. Es ginge um 2,3 Billionen Euro – also um eine sehr weitgehende Gemeinschaftshaftung.

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