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Angeklagt. Der einst als Börsenguru gefeierte Aktienberater Markus Frick im Gericht in Moabit.

© dpa

Marktmanipulation: 335 Seiten gegen Markus Frick

Der TV-Börsenberater Markus Frick steht wegen Manipulation am Aktienmarkt vor dem Berliner Landgericht. Er behauptet, selbst ausgetrickst worden zu sein.

Berlin - Bei Fall Nummer 18 geht ihm zum ersten Mal das Wasser aus. Markus Frick bittet das Wachpersonal, ihm noch einmal die Flasche herüberzureichen, und füllt die beiden kleinen Plastikbecher für seinen Anwalt und sich. Frick wird das noch zweimal tun, denn allein das Verlesen der Anklage dauert eine Dreiviertelstunde. Dabei ist es ein Bruchteil der insgesamt 335 Seiten Anklageschrift. Der Vorwurf: strafbare Manipulation am Aktienmarkt in 49 Fällen. Der Börsenmanager soll mit Wertpapieren gehandelt haben, die er selbst besaß. Zwischen September 2005 und Juni 2007 sollen 20 000 Anleger 760 Millionen Aktien auf Fricks Empfehlung hin gekauft und dabei Verluste in dreistelliger Millionenhöhe gemacht haben. Er bestreitet die Vorwürfe.

Frick ist ein Mann, dem man gern vertraut. Perfekt gekleidet erscheint er an diesem Vormittag im Landgericht in Moabit: schwarzer Anzug, blau-weiß gestreiftes Hemd, dunkelblaue Krawatte, Manschettenknöpfe. Die strahlenden Zähne bilden einen Kontrast zum schwarzen Haar und den braunen Augen. Er hat dieses leichte Lächeln auf den Lippen, jedoch weder triumphierend noch selbstverliebt, sondern einfach sympathisch.

In dieser Aura lag seine Anziehungskraft. Anleger glaubten, der gelernte Bäckermeister aus Sinsheim habe die Zaubertipps für den Aktienmarkt, verschlangen seine diversen Informationsdienste, abonnierten seine tägliche Hotline und verfolgten die Fernsehsendung „Make Money“ auf N24. Seine Börsenseminare hatten zu Hochzeiten über 1000 Teilnehmer. Auch seine Bücher mit Titeln wie „Ich mache Sie reich!“ und „Das Geld liegt auf der Straße“ verkauften sich gut. Bis 2007 die Blase platzte, von der Frick nun behauptet, selbst nichts gewusst zu haben.

Staatsanwalt Tarvo Hovi muss immer wieder die Hand wechseln, während er stehend, Punkt für Punkt der dicken Anklage verliest. Am Ende versagt ihm die Stimme, er räuspert sich, reduziert die Sätze auf die wichtigsten Daten und Fakten. Die Punkte 23 bis 49 drehen sich um die spektakulärsten Fälle, die schließlich das Ende von Fricks Geschäften bedeuteten. Er hatte die Aktien der drei Rohstofffirmen mit den Namen „Star Energy Corp.“, „StarGold Mines Inc.“ und „Russoil Corp.“ in seinen Publikationen beworben, woraufhin diese in die Höhe schnellten. Allerdings erwiesen sich die Wertpapiere der US-Firmen als wertlos und stürzten innerhalb weniger Tage auf nahezu null ab. „Trotz der desolaten Finanzlage der Unternehmen sind die Kurse durch Empfehlungen in seinen Börsenbriefen gestiegen“, sagt Staatsanwalt Hovi. „Er wusste, dass seine Kunden sie kaufen würden.“ Frick soll selbst Aktien der Firmen besessen und diese nach den Kursanstieg verkauft haben. Der Angeklagte behauptet, selbst ausgetrickst worden zu sein.

Frick reibt sich die Augen. Je länger das Verlesen der Anklageschrift dauert, desto zappeliger wird er, knetet die Hände, faltet und entfaltet sie wieder, streicht sich durchs Gesicht. Dann pustet er hörbar für alle Anwesenden durch und sagt: Ja, er wolle sich äußern. „Ich habe von der Wertlosigkeit dieser Aktien nichts gewusst“, sagt er, nachdem er sein Bedauern über den Nachteil, der den Anlegern durch seine Hinweise entstanden ist, ausgedrückt hat. „Ich habe die Aktien empfohlen, weil ich davon überzeugt war.“ Zwei vertrauenswürdige Hintermänner aus dem Ausland hätten ihn mit falschen Angaben über die positive Entwicklung der Firmen getäuscht.

Frick liest ruhig und konzentriert, seine Ausführungen sind klar strukturiert, glaubwürdig. Sein Bedauern untermauert er damit, dass er mit den Geschädigten bereits 867 Vergleiche im Gesamtwert von rund 4,6 Millionen Euro geschlossen habe, was sein Anwalt bestätigt.

Auch andere Börsenbriefe hätten die Aktien gehandelt, argumentiert er. Seiner allein sei ohnehin nicht kursrelevant gewesen. Nur an einer Stelle gesteht er ein: Nämlich, dass er seine Kunden nicht über den Besitz eigener Aktien informiert habe. „Ich hielt einen solchen Hinweis nicht für angebracht“, sagt Frick. Er werde sich, falls nötig, der Verantwortung stellen. Das muss er in den nächsten Wochen, die Verhandlung wird sich mindestens bis Mitte März hinziehen.

Als Markus Frick den Gerichtssaal verlässt warnt eine junge Frau: Ja, glatt sei er und sympathisch, sagt sie. Doch darauf solle man bloß nicht reinfallen.

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