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Wirtschaft: Mautkontrolle mit Lücken

Verband: Autobahngebühr kann man leicht umgehen/Ministerium weist Vorwürfe zurück

Berlin - Die Zahl der Mautpreller in Deutschland könnte viel höher sein als bisher angenommen. Hermann Grewer, Präsident des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), sagte am Donnerstag in Berlin, das Ergebnis eines eigenen Mautkontrolltests sei katastrophal. Der BGL erhalte zunehmend Beschwerden von Mitgliedern, dass nur Besitzer eines Bordcomputers (Obu), mit dem der Lkw automatisch erfasst wird, die Maut entrichten, sagte Grewer. Spediteure ohne Obu verzichteten immer häufiger auf das Bezahlen der Strecke per Internet oder Mautterminal – und kämen damit durch. Sollte die Bundesregierung dieses Problem nicht beseitigen, schließe der BGL eine Klage nicht aus.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums wies die Vorwürfe des BGL zurück. Die Tests seien weder repräsentativ noch aussagekräftig. Schon im Januar 2004, als die Lkw-Maut in Deutschland eingeführt wurde, gab es Streit darüber, ob die Kontrollen, die vom Bundesamt für Güterverkehr durchgeführt werden, effektiv sind. Vor allem wurde kritisiert, dass nicht stets alle Mautkontrollbrücken auf den Autobahnen angestellt seien, sondern wechselnd immer nur ein kleiner Teil. Die Behörden sagten damals, die Tests seien umfassend genug, damit eine effektive Kontrolle garantiert sei. Bei der Vorstellung der Bilanz für das erste Halbjahr hatte Verkehrsminister Manfred Stolpe zuletzt gesagt, die Quote der beanstandeten Fahrten liege mittlerweile bei unter zwei Prozent.

Der BGL hat nun aber an drei Tagen im Mai einen eigenen Mautkontrolltest durchgeführt. Mit 74 Lkws wurden 145 mautpflichtige Fahrten gemacht, ohne diese für das Mautsystem identifizierbar zu bezahlen. Insgesamt seien etwa 33000 Kilometer in mehr als 600 Stunden auf deutschen Autobahnen zurückgelegt worden. Nur fünf Fuhren wurden beanstandet. Das Ministerium stellte dem gegenüber, dass bisher elf Milliarden Autobahnkilometer abgerechnet worden seien bei sieben Millionen Kontrollen seit Mautstart. Wolfgang Härdle, Professor an der Berliner Humboldt Uni, hält den BGL-Test trotzdem für einen „ernst zu nehmenden Ansatz“. Er bewege sich in den Größenverhältnissen wie Wahlumfragen, sagte der Statistikexperte dem Tagesspiegel. Allerdings müssten, um den Aussagewert einschätzen zu können, die gefahrenen Strecken mit dem sonstigen Verkehrsaufkommen in Deutschland abgeglichen werden.

Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer des zweiten Branchenverbandes DSLV, sagte dem Tagesspiegel, auch aus den Reihen seiner Mitglieder gebe es immer wieder Fragen zur Effektivität der Kontrollen. „Da gibt es Grundzweifel“, sagte Rogge – und forderte vom Verkehrsministerium, die durch den BGL vorgelegten Fakten „komplett und schonungslos“ aufzuklären.

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