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© ddp

Mediation: Damit’s mit dem Nachbarn klappt

Immer mehr Rechtsschutzversicherer schicken ihre Kunden zum Schlichter statt zum Richter. Mediation ist im Kommen.

Berlin - Der Kunde war genervt. Weil der Motor immer wieder ausging, war der Mann bereits vier Mal mit seinem Auto in der Werkstatt gewesen. Jedes Mal erklärten die Mitarbeiter, das Problem sei behoben, und schickten den Autofahrer mit einer saftigen Rechnung nach Hause. Als der Motor auch nach der vierten Reparatur absoff, platzte dem Mann der Kragen. Er rief seine Rechtsschutzversicherung an und wollte die Werkstatt verklagen.

Doch die Versicherung, die D.A.S., schlug ihm einen anderen Weg vor. Seit 2007 setzt Europas größter Rechtsschutzversicherer auf Mediation statt Konfrontation. Nicht vor Gericht, sondern im Gespräch soll der Streit gelöst werden. Beide Parteien setzen sich an einen Tisch und suchen gemeinsam nach einer Lösung. Dabei hilft ihnen ein unabhängiger Mediator, der das Gespräch moderiert. Die Methode hat Erfolg. Mehr als zwei Drittel der Mediationen führen zu einer erfolgreichen Einigung.

„Man findet oft schnell eine Lösung“, sagt Christine Lewetz, die bei der D.A.S. das Mediatorensystem aufgebaut hat. Viele Konflikte können bereits in einer Sitzung geklärt werden. Aber was noch wichtiger ist: „Mediation wirkt deeskalierend. Es gibt keine Gewinner und keine Verlierer“, berichtet Lewetz, die selbst ausgebildete Mediatorin ist.

Immer mehr Rechtsschutzversicherer entdecken die außergerichtliche Streitschlichtung als Alternative zum Prozess. Rund 50 Prozent der deutschen Versicherer zahlen ihren Kunden inzwischen eine Mediation. Oft wissen die Versicherten gar nichts von dieser Möglichkeit. Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im vergangenen Jahr hat ergeben, dass 68 Prozent der Deutschen harmoniebedürftig und kompromissbereit sind. Doch 80 Prozent kennen kaum Alternativen zur Klage.

Dabei ist der Gang vors Gericht oft nur die zweitbeste Lösung. Weil die Gerichte von einer Prozessflut überrollt werden, kommen sie oft nicht hinterher. Mehr als drei Millionen Gerichtsverfahren gibt es jährlich in Deutschland, davon allein 1,6 Millionen Zivilprozesse. Entsprechend lange dauert es, bis die Verfahren abgeschlossen sind. Durchschnittlich 18 Monate vergehen bei den Finanzgerichten, acht Monate brauchen die Familienrichter und knapp fünf Monate die Zivilgerichte, berichtet das Statistische Bundesamt. Im Einzelfall kann es deutlich länger sein: „Komplexe Verfahren vor den Familiengerichten können auch fünf bis sieben Jahre dauern“, sagt Gerhard Horrion, Vorsitzender der Kommission Rechtsschutzversicherung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Hinzu kommt: „Das Urteil ist oft der Nährboden für neue Konflikte“, berichtet Horrion. Gerade wenn sich Menschen immer wieder begegnen, ist Mediation gefragt. Nachbarschaftsrecht, Miet-, Familien-, Arbeits- und Vertragsrecht sind Bereiche, in denen das Verfahren oft zum Einsatz kommt.

Die Versicherer sparen mit dem Verfahren Geld, wenn es um hohe Streitwerte geht und Anwalts- sowie Gerichtsgebühren beträchtlich wären. Bei kleineren Summen ist der Moderator dagegen oft teurer als der Anwalt. Zwischen 80 und 300 Euro kostet ein Mediator in der Stunde. Geht ein Privatmensch zum Anwalt, kostet die Erstberatung maximal 190 Euro.

Noch ist der Begriff des Mediators nicht geschützt. Das könnte sich bald ändern. Das Bundesjustizministerium arbeitet an einem Gesetz, das eine entsprechende EU-Richtlinie umsetzen soll.

Der Kunde der D.A.S. hat gute Erfahrungen gemacht. In der Mediation wurde vereinbart, dass ein Sachverständiger das Auto untersuchen sollte. Würde der einen Fehler finden, versprach die Werkstatt, dem Kunden die bisherigen Kosten von 1000 Euro zu erstatten und nur die letzte Reparatur zu berechnen. Der Gutachter wurde fündig, die Werkstatt zahlte. Und behielt einen zufriedenen Kunden.

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