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Viel Papier haben die Klagen und Prozesse zwischen Deutscher Bank und Leo Kirch produziert.

© dapd

Update

Medien: Deutsche Bank und Kirch: Frieden für 775 Millionen Euro

Vor einem halben Jahr starb der Medienunternehmer Leo Kirch. Für die Pleite seines Konzerns hatte er stets die Deutsche Bank mitverantwortlich gemacht. Nun soll der Streit beigelegt sein.

Die Deutsche Bank gibt im Rechtsstreit mit dem inzwischen verstorbenen Medienunternehmer Leo Kirch nach und lässt sich auf einen teuren Vergleich mit den Nachkommen ein. Aus Verhandlungskreisen verlautete am Montag, die Bank werde 775 Millionen Euro zahlen, um die juristische Auseinandersetzung, die zahlreiche Anwälte bereits seit zehn Jahren beschäftigt, zu beenden.

Damit bricht das Geldinstitut wenige Wochen vor dem Ausscheiden seines Vorstandschefs ein Tabu: Josef Ackermann hatte ein Einlenken im Streit mit Kirch, der im vergangenen Sommer im Alter von 84 Jahren gestorben war, stets abgelehnt. Leo Kirch hatte die Bank für den Zusammenbruch seines Medienkonzerns – eine der größten Pleiten in der deutschen Wirtschaftsgeschichte – verantwortlich gemacht.

Auslöser war ein – unbedacht oder mit Hintergedanken formulierter – Satz des früheren Bank-Chefs Rolf E. Breuer in einem TV-Interview Anfang 2002. „Was man alles lesen und hören kann ist, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel zur Verfügung zu stellen“, sagte Breuer damals mit Blick auf die angeschlagene Kirch-Gruppe. Die unverblümte Äußerung des sonst zur Diskretion verpflichteten Bankers über einen Kunden der Bank war in der Branche mit Erstaunen aufgenommen worden. Breuer argumentierte, er habe lediglich über Bekanntes gesprochen. Später sprach er freilich von einem „Unfall“. Sämtliche Banken drehten nach dem Interview Kirch aus Sicht des Unternehmens den Geldhahn zu. „Erschossen hat mich der Rolf“, sagte Leo Kirch später in einem Interview.

Bilder aus dem Leben des Leo Kirch:

In mehr als drei Dutzend Verfahren, die die Deutsche Bank einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag kosteten, trafen die Parteien in den vergangenen Jahren vor Gericht aufeinander. Sieg und Niederlage verteilten sich auf beide Seiten, zwischenzeitlich wurden Vorstandsbüros durchsucht, auch Ackermann geriet ins Visier der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Prozessbetrug vor. Der Bundesgerichtshof urteilte 2006, mit den Äußerungen habe Breuer die vertragliche Pflicht der Bank verletzt, die Kreditwürdigkeit Kirchs nicht zu gefährden. Kirch könne grundsätzlich Schadenersatz fordern, müsse aber die konkrete Höhe des Vermögensschadens in separaten Verfahren nachweisen. Damit scheiterte Kirch allerdings zu Lebzeiten: Das Landgericht München lehnte 2009 und 2011 zwei Milliardenklagen ab. Kirch ging in Berufung. Nach seinem Tod führte sein langjähriger Vertrauter Dieter Hahn die Prozesse weiter. Ursprünglich wollte der Filmunternehmer 1,6 Milliarden Euro von der Deutschen Bank.

Gegen weitere Topmanager wird noch ermittelt

Der Strafprozess gegen deren ehemaligen Chef Breuer wurde vom Landgericht München 2011 eingestellt. Breuer musste nach einer Verständigung mit der Staatsanwaltschaft 350 000 Euro an die Staatskasse und gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Vorbestraft ist er aber nicht. In dem Verfahren war es um Betrugsvorwürfe gegangen – der Banker soll im Fall Kirch vor Gericht gelogen haben. Gegen weitere Topmanager wie Ackermann, Aufsichtsratschef Clemens Börsig und Ex-Vorstandsmitglied Tessen von Heydebreck wird noch ermittelt.

Der Beschluss, sich nun auf einen Vergleich mit der Kirch-Familie in Höhe von 775 Millionen Euro einzulassen, muss noch vom Vorstand der Deutschen Bank formell gefasst werden. Dies sollte noch am Montag oder an diesem Dienstag geschehen. Eine entsprechende Mitteilung lag bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht vor. Nach einem Vergleich haben sich alle Schadenersatzforderungen Kirchs erledigt.

Der zuständige Richter am Oberlandesgericht München, Guido Kotschy, hatte bereits vor einem Jahr einen Vergleich über 775 Millionen Euro vorgeschlagen. Er äußerte wiederholt Zweifel an der Sichtweise beider Seiten. Aus Bankkreisen war zu hören, dass das neue Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen grundsätzlich offener für einen Vergleich sei als Ackermann. „Die beiden wollen das kostspielige Thema vom Tisch haben“, sagte ein Insider. „Sie wollen die Bank in dem Bereich besenrein übernehmen.“

Im ersten Quartal dürfte der Bank nach einem solchen Vergleich jedoch kein großer Nettogewinn mehr bleiben, sagen Experten. Bereits 2011 haben Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten vor allem in den USA das Ergebnis verhagelt. Darunter waren aber keine Kirch-Lasten, wie ein Sprecher klarstellte. Weder das Geldhaus noch ein Kirch-Vertreter äußerten sich. Deutsche-Bank-Aktien lagen 1,3 Prozent im Plus. (mit rtr, dpa)

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