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Kofler

© ddp

Medien: Kofler sagt Servus

Der Premiere-Chef verkauft seine restlichen Aktien und verlässt überraschend das Unternehmen. Er will die Branche wechseln.

Berlin - Georg Kofler verlässt Premiere. Der Vorstandsvorsitzende gehe bereits zum 31. August, teilte das Unternehmen in München am Montag mit. Zu Koflers Nachfolger habe der Aufsichtsrat den bisherigen Finanzvorstand Michael Börnicke (46) bestimmt. Die schnelle Trennung und die rasche Nachfolgelösung zeigen an, dass der Abo-Sender jeder Spekulation über eine Führungskrise bei Premiere die Nahrung nehmen will.

Georg Kofler, in diesem Jahr 50 geworden, betonte in einer Mitteilung, dass seine Entscheidung „ausschließlich auf Überlegungen zu seiner persönlichen Lebensplanung beruht“. Seit 25 Jahren beschäftige er sich mit dem Medium Fernsehen. „Jetzt ist die Zeit für einen Themenwechsel gekommen“, sagte Kofler. Er beabsichtige, als führender Gesellschafter eine Unternehmensgruppe aufzubauen, die sich in ausgewählten Wachstumsmärkten positioniere – „allerdings nicht in der Medienbranche“. Unklar ist noch, wo sich das Verkaufstalent neu positioniert. Er wolle seinen Traum vom „selbstbestimmten Unternehmerleben“ verwirklichen, sagte er N 24. Er werde sich als größter Einzelaktionär oder als Mehrheitsaktionär engagieren – nicht als Heuschrecke, sondern als wirklicher Unternehmer. Kofler zeigte sich zuversichtlich, „die richtige Spielwiese zu finden“. Ausreichend Spielgeld ist da: In der vergangenen Woche hat Kofler seine restlichen Premiere- Aktien für rund 23 Millionen Euro verkauft. Bereits im Februar hatte er sich von Aktien getrennt. Geschätzter Verdienst: zwischen 70 und 90 Millionen Euro.

Dass der gebürtige Südtiroler jetzt den Zeitpunkt für seinen Umstieg wählt, hängt stark mit der aktuellen Situation beim Bezahlsender zusammen. Kofler, seit 2002 an der Spitze, sieht das Haus bestellt. Nach dem Kauf der Bundesliga- Rechte vom Konkurrenten Arena ist Premiere wieder der Platzhirsch im deutschen Abonnenten-TV. Bald kommen wieder wichtige Rechtepakete mit langen Laufzeiten wie jene für die Bundesliga auf den Markt, was die Formulierung nachhaltiger Strategien verlangt. „Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, dass ich für einen solchen Zeithorizont nicht mehr für die Vorstandsarbeit zur Verfügung stehe“, sagte Kofler. Daher übergebe er die Verantwortung an Börnicke, der in den vergangenen fünf Jahren sein „engster Partner und Weggefährte bei Premiere“ gewesen sei. Börnicke ist seit 1998 Mitglied der Geschäftsführung. Als Finanzvorstand war er maßgeblich am Börsengang im März 2005 beteiligt. Pflichtgemäß stellt er sich die Aufgabe, mehr exklusive Inhalte ins Programm zu holen, die Zahl der Abonnenten wie auch den Umsatz zu steigern. Die „von Georg Kofler vorgenommenen Weichenstellungen“ werden die seinen sein, eigene Wege sind noch nicht markiert.

Wenn Kofler davon spricht, er kenne die Fernsehbranche „nun in allen Verästelungen“, dann ist das kein eitles Gerede. Mit Kofler geht der letzte Pionier des privatwirtschaftlichen Fernsehens. Der promovierte Kommunikationswissenschaftler arbeitete seit Oktober 1986 für die KirchGruppe, zuletzt als Büroleiter von Leo Kirch. Im Oktober 1988, mit 31 Jahren, bekam Kofler die Aufgabe, den Fernsehsender Eureka Television zu sanieren. Er wandelte ihn in Pro Sieben um, begann mit dem Aufbau einer hochprofitablen Senderfamilie, die er im Juli 1997 an der Börse platzierte. Damit jeder verstand, mit welcher Erwartung, mit welchem Optimismus ein Kofler das TV-Business betreibt, engagierte er sich auch bei dem von ihm gegründeten Shopping-Sender Hot und dem Quiz-TV Neun Live als geschäftsführender Gesellschafter.

Dasselbe individuelle Geschäftsmodell wandte Kofler auch 2002 an, als er sich mit 20 Prozent beim Pay-TV-Sender Premiere engagierte. Der Sender war im Kontext der Kirch-Krise angeschlagen. Kofler sanierte, brachte die Premiere AG an die Börse – und verzockte sich. Für „Mister Premiere“ unvorstellbar, schnappte der neue Konkurrent Arena Ende 2005 die Liverechte bei der Bundesliga weg. Das Premiere-Papier verlor zwei Drittel an Wert. Doch dann ging Arena die Luft aus, und Kofler hatte wieder dicke Backen.

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