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Wirtschaft: Medien: Leo Kirch ringt mit den Banken um die Sanierung

Die Verhandlungen zur Sanierung der angeschlagenen Kirch-Gruppe sind in der entscheidenden Phase. Am Sonntagabend traf sich die Geschäftsführung des Medienkonzerns erneut mit Vertretern von Banken und den Kirch-Investoren Rupert Murdoch sowie Silvio Berlusconi, um ein Finanzierungspaket zu schnüren.

Die Verhandlungen zur Sanierung der angeschlagenen Kirch-Gruppe sind in der entscheidenden Phase. Am Sonntagabend traf sich die Geschäftsführung des Medienkonzerns erneut mit Vertretern von Banken und den Kirch-Investoren Rupert Murdoch sowie Silvio Berlusconi, um ein Finanzierungspaket zu schnüren.

Um einen Zusammenbruch der Mediengruppe zu verhindern, werden verschiedene Varianten diskutiert. Einige Gläubigerbanken wollen das in der Kirch Media gebündelte Kerngeschäft mit Film- und Sportverwertungsrechten übernehmen, heißt es in Verhandlungskreisen. Der Einstieg soll per Kapitalerhöhung erfolgen. Der Umfang dieser Finanzspritze wird auf 800 Millionen Euro beziffert. Dadurch würden die beteiligten Institute Hypovereinsbank, Commerzbank, DZ Bank und die halbstaatliche Bayerische Landesbank die Mehrheit an Kirch Media übernehmen, heiß es. Kirch Media hält auch die Beteiligungen an den werbefinanzierten Sender Pro Sieben, Sat 1 und Kabel 1 und gilt als profitables Herzstück der Gruppe, die mit mindestens 6,5 Milliarden Euro bei Banken verschuldet ist. Viele Großkredite laufen demnächst aus.

Eine Vorentscheidung für den Einstieg der vier Banken soll bei den Verhandlungen am Sonntag fallen. Aber es gibt auch Alternativen. An den Gesprächen beteiligt sind den Informationen zufolge nicht nur Vertreter der Kreditinstitute sondern auch der Minderheitsgesellschafter von Kirch Media, die ebenfalls an einer Aufstockung ihrer Anteile interessiert sein sollen. Offiziell dazu äußern wollen sich derzeit weder Kirch noch die Banken. Derzeit halten Leo Kirch und sein Sohn Thomas 79 Prozent an der Kirch Media, deren Wert einmal auf zehn Milliarden Euro beziffert worden war. Die restlichen Anteile verteilen sich auf sieben weitere Investoren wie Rupert Murdoch, die Handelsgruppe Rewe oder Mediaset, den Medienkonzern von Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Alle halten nur kleine Beteiligungen. Gleich wie die Lösung letztlich aussehen wird: Firmengründet Leo Kirch muss zustimmen. "Die Banken bauen Kirch eine Brücke, da muss er aber drüber gehen," kommentiert ein Insider. Einzige Alternative zum Einstieg der Banken sei die Insolvenz, was Kirch jeden Entscheidungsspielraum nähme. Falls die Kreditinstitute zum Zug kommen, wollen sie nur für zwei bis drei Jahre an Kirch Media beteiligt bleiben und bei einem Aufschwung an der Börse ihre Anteile wieder abgeben, hieß es aus Bankenkreisen.

Eventuell werde Kirch eine Rückkaufoption eingeräumt. Andere Branchenkenner äußerten sich zur Wahrscheinlichkeit eines solchen Comebacks des 75-jährigen sehr skeptisch. Kirch sei seit Jahren schwer zuckerkrank und als Folge davon fast blind. Das seit Monaten andauernde Ringen um eine Zukunft seines Firmenimperiums habe ihn zudem stark mitgenommen. Es sei durchaus denkbar, dass die Kirch-Gruppe ohne bestimmenden Einfluss ihres Gründers ihren Weg in die Zukunft gehe.

Schon länger ist klar, dass Kirch sich von Beteiligungen am spanischen TV-Sender Telecinco, am Hamburger Springer-Verlag und wohl auch der Formel 1 trennen muss. Randaktivitäten wie seine defizitären Lokalsender in München, Berlin und Hamburg stehen vor ihrer Schließung, wenn sie nicht ebenfalls verkauft werden. Besonders kritisch ist die Lage bei Kirch Pay-TV. Unter dem Dach arbeitet der hoch defizitäre Bezahlsender Premiere. Mit massivem Stellenabbau, mehr Erotik im Programm und Forderungsverzichten von Hollywoodstudios, die dem Sender Spielfilme liefern, soll der Abo-Kanal nach jüngsten Plänen bis 2004 endlich schwarze Zahlen schreiben.

Bislang hat Premiere alle Ziele verfehlt, vier Milliarden Euro Verlust eingespielt und allein im Vorjahr ein Defizit von knapp einer Milliarde Euro verbucht. Deshalb will der dort ebenfalls als Mitgesellschafter engagierte Rupert Murdoch im Oktober aussteigen. Für seinen Anteil fordert er von Kirch rund 1,6 Milliarden Euro, was vertraglich abgesichert ist. Selbst wenn die Banken demnächst bei Kirch Media einsteigen, sei Kirch nur für gut ein halbes Jahr gerettet, warnen Branchenkenner.

tmh

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