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Wirtschaft: Medions Wachstums-Story ist vorbei

Aktie des Aldi-Partners bricht ein, weil Anleger nicht mehr an den Kurs des Elektronikhändlers glauben

Berlin - Der Aktienkurs des Computer- und Technikhändlers Medion ist nach negativen Analystenkommentaren am Dienstag erneut um mehr als sieben Prozent auf 13,62 Euro eingebrochen. Das Schweizer Bankhaus UBS hatte wegen der dramatisch schlechteren Geschäftsaussichten das Kursziel von 16 Euro auf 10,50 Euro gesenkt. „Das Marktumfeld wird für Medion härter. Durch die schärfer werdende Konkurrenz sinken die Gewinnspannen in mehreren Produktbereichen“, sagte Jürgen Hackenberg, Technologieexperte bei UBS.

Die Bank folgte damit einer Reihe anderer Investmenthäuser, die in den vergangenen Wochen den Verkauf der Medion- Aktien empfohlen hatten. Die Anleger fürchten, das Geschäftsmodell des Unternehmens könnte an seine Grenzen stoßen und die hohen Wachstumsraten der Vergangenheit angehören. Bei seinem letzten Quartalsbericht hatte Firmengründer Gerd Brachmann seine Prognose für das laufende Jahr drastisch nach unten revidiert. Statt eines zweistelligen Wachstums könne es wegen der anhaltenden Kaufzurückhaltung in Deutschland sogar zu einem Umsatzrückgang kommen. Die Medion-Aktie verlor daraufhin mehr als die Hälfte ihres Wertes.

Für weitere Unruhe sorgte ein Bericht des „Manager Magazins“, nach dem Medion einen Auftrag seines Hauptkunden Aldi für die Lieferung von 100 000 Fernsehgeräten an einen türkischen Konkurrenten verloren habe. Branchenkreise bestätigten die Darstellung des Magazins. Medion und Aldi bezeichneten ihre Geschäftsbeziehung dagegen als „absolut intakt“. Medion macht nach Schätzung von Analysten rund 50 Prozent seines Umsatzes mit Aldi. „Sollte der Verlust dieses Auftrages Signalwirkung haben, wäre das verheerend für das Unternehmen“, sagt Matthias Engelmayer, Branchenexperte beim Investmenthaus Independent Research.

Medion hat seinen steilen Aufstieg der vergangenen Jahre dem Discounter zu verdanken. Das Unternehmen beliefert Aldi mit Produkten wie Computern, Fernsehern oder Haushaltsgeräten. Die Idee dazu hatte Medion-Gründer Brachmann Mitte der 90er Jahre. Brachmann lässt die Geräte nach den Wünschen der Händler in Billiglohnländern in Asien oder Osteuropa fertigen. Da es sich um Aktionsware handelt, die nur für kurze Zeit im Angebot ist, fallen kaum Lagerkosten an. Den Service übernimmt ebenfalls Medion, was den Aufwand für die Händler auf ein Minimum reduziert.

Doch während sich die Kunden noch vor einigen Jahren in den Aldi-Filialen um die Computer balgten, liegen sie jetzt zum Teil noch Tage oder Wochen nach dem Start der Aktion in den Regalen. „Die Konkurrenz hat längst reagiert und bietet ähnliche Produkte an“, sagt Meike Escherich, Expertin für den PC-Markt beim Marktforschungsinstitut Gartner. Sämtliche Discounter wie Lidl, Plus oder Tchibo verkaufen regelmäßig Computer und Unterhaltungselektronik. Elektronikmärkte wie Media Markt und Saturn bieten inzwischen parallel zu den Aktionen der Discounter vergleichbare Geräte von Markenherstellern wie Fujitsu Siemens oder Hewlett Packard an.

Zudem lässt die Kauflaune der Verbraucher in Deutschland weiter nach. Zwar stieg der Umsatz mit Personal Computern im zweiten Quartal um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Großteil des Zuwachses ging aber auf das Konto von Firmenkunden. Bei den Endverbrauchern stieg der Umsatz nur um 3,8 Prozent. „Selbst für Notebooks ist der Markt inzwischen weitgehend gesättigt“, sagt Gartner-Analystin Escherich. „Die Wachstumsraten sinken.“

Um von der Konsumflaute in Deutschland und von seinem Hauptkunden Aldi unabhängiger zu werden, expandiert Medion verstärkt im Ausland. Dort erzielt das Unternehmen inzwischen 38 Prozent seines Umsatzes. Um neue Märkte in den USA und Asien zu erschließen, hat Medion sein Personal seit Jahresbeginn um rund 40 Prozent auf 1400 Mitarbeiter aufgestockt. Nachdem das Geschäft im vergangenen Jahr in den USA bei 57 Millionen Euro stagnierte, hofft Medion jetzt auf einen Großauftrag von Walt Disney. Für den Unterhaltungskonzern liefert Medion den „Dream PC“ im Mickey-Mouse-Design.

Maurice Shahd

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