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Wirtschaft: Mehr Biotech-Pleiten – und trotzdem viel Hoffnung

Region Berlin-Brandenburg sieht sich auch im Bundesvergleich gut aufgestellt, leidet aber unter der Zurückhaltung der Kapitalgeber

Berlin - Ein Börsengang, viele Pleiten und unter dem Strich nicht mehr Arbeitsplätze als im Vorjahr – trotzdem sieht sich die Biotechnologie-Branche Berlin-Brandenburg insgesamt besser aufgestellt als der Bundesdurchschnitt. „Wir sehen eine deutliche Belebung, die sich aber auf wenige Unternehmen konzentriert“, sagte Kai Bindseil, der Chef der Vernetzungsstelle Biotop, am Montag in Berlin bei der Vorstellung des Branchenreports 2004. Die weitere Entwicklung hänge nun von den bundespolitischen Rahmenbedingungen – etwa in der Stammzellpolitik – und der Entwicklung an den Finanzmärkten ab, sagte Bindseil.

Im vergangenen Juli war das Berliner Biotechnologie-Unternehmen Epigenomics an die Börse gegangen und hatte damit auch bundesweit Aufsehen erregt – schließlich war es der erste Biotech-Börsengang seit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes 2001. Das Unternehmen, das Tests zur Krebserkennung entwickelt, hat dabei knapp 48 Millionen Euro erlöst. Doch die Hoffnung, dass viele andere Firmen den Berlinern nacheifern würden, hat sich bislang nicht erfüllt. Der zweite Kandidat aus Berlin, Jerini, hatte zwar vor einem Jahr den Börsengang angekündigt, wartet aber noch auf den optimalen Zeitpunkt.

„Es gibt noch keinen Termin“, sagte Jerini-Sprecherin Stacy Wiedenmann am Montag. „Aber wir sehen einen Börsengang nach wie vor als Möglichkeit.“ Jerini ist allerdings in einer komfortablen Situation. Im Februar hatte die Firma aus Mitte eine neue Finanzierungsrunde über 15,5 Millionen Euro abgeschlossen. Erst im vergangenen Jahr hatte Jerini 31 Millionen Euro eingesammelt.

Der starke Auftritt der Biotech-Region beruht noch immer vor allem auf den wenigen Vorzeigeunternehmen. So entfielen von den 95 Millionen Euro, die im vergangenen Jahr an Kapital in die Unternehmen flossen, allein 70 Prozent auf Epigenomics und Jerini. Insgesamt ging die Zahl der Unternehmen von 165 im Vorjahr auf 156 zurück. Den 17 Insolvenzen standen neun Neugründungen gegenüber. Die Zahl der Arbeitsplätze blieb mit rund 3000 unter dem Strich fast unverändert, während deutschlandweit die Zahl der Beschäftigten um 13 Prozent zurückging, wie die Experten der Unternehmensberatung Ernst&Young in ihrem aktuellen Branchenreport berichten.

„Berlin-Brandenburg steht gut da – auch im Vergleich zu anderen Regionen“, sagte Klaus Stöckemann, Biotechexperte der Risikokapitalgesellschaft 3i, dem Tagesspiegel. Insgesamt sei zwar genug Risikokapital vorhanden. Das Geld werde aber vorwiegend in Unternehmen mit Produkten in späten Phasen investiert, die bereits gezeigt hätten, dass sie erfolgreich sind. Junge Firmen haben das Nachsehen.

Um auch diese Unternehmen zu fördern, hat Berlin-Brandenburg im vergangenen Jahr einen Fonds für die Frühphasen-Finanzierung mit einem Startkapital von 20 Millionen Euro aufgelegt. „Das ist aber immer noch zu wenig“, sagte Biotop-Chef Bindseil. Vorerst bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf eine weitere Erholung der Finanzmärkte zu hoffen.

Maren Peters

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