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Wirtschaft: Mehr Ekel auf der Schachtel

Brüssel entscheidet über Tabakrichtlinie.

Brüssel - Peter Liese ist praktizierender Kinderarzt gewesen, bevor er für die CDU Europaabgeordneter wurde. Er hat deshalb in dieser Zeit zwar nicht mitbekommen, wie Menschen an den Folgen des Rauchens gestorben sind – so wie das in der Europäischen Union zuletzt in 695 000 Fällen pro Jahr geschehen ist. Liese hat jedoch an einer Studie über den plötzlichen Kindstod mitgewirkt, als dessen Hauptursache diese das Qualmen identifizierte. Deshalb freut er sich nun über die Überarbeitung der bestehenden EU-Tabakrichtlinie – und reicht Probepackungen im neuen Design.

Zwar geht die EU-Kommission nicht so weit wie in Australien, wo das sogenannte „Plain Packaging“ eingeführt worden und damit jeder Hinweis auf die Zigarettenmarke von der Schachtel verschwunden ist. Der Brüsseler Gesetzesvorschlag, dessen letzter Entwurf vor der Kommissionsentscheidung am Mittwoch dem Tagesspiegel vorliegt, reklamiert aber immerhin drei Viertel der Verpackung für sich. Verabschieden das Europaparlament und die EU-Regierungen die Richtlinie wie vorgeschlagen, müssen Gesundheitswarnungen künftig 75 statt bisher 30 Prozent der Vorder- und 40 Prozent der Rückseite einnehmen.

Gefordert ist eine Kombination von Text und Bild: Es soll nicht mehr nur nüchtern die Mengen von Nikotin und Teer aufgelistet, sondern eingehender beschrieben werden, was sie anrichten – die Obergrenzen von einem beziehungsweise zehn Milligramm bleiben dabei bestehen. Auf der Packung wird stehen müssen, dass „Rauchen tötet“ und „Tabak mehr als 70 Substanzen enthält, die Krebs verursachen“. Besonders augenfällig freilich wären die Bilder von Raucherlungen, Krebsgeschwüren, oder geschädigten Säuglingen, die schon in acht EU-Staaten auf den Zigarettenschachteln zu sehen sind. Vorgesehen ist nun eine europaweite Pflicht, also auch in der Bundesrepublik. Die Mitgliedstaaten bekommen, da es sich um eine Richtlinie mit Mindestanforderungen handelt, aber zusätzlichen Gestaltungsspielraum.

Vor einem weiteren radikalen Schritt ist die EU-Kommission immerhin zurückgeschreckt: Überlegungen, Zigaretten im Laden nicht mehr offen auslegen zu dürfen, sondern sie unter der Theke anbieten zu müssen, tauchen im letzten Entwurf nicht mehr auf. Abgeordneter Liese hält das für richtig: „Das hätte den Zigarettenkauf möglicherweise doch wieder cool gemacht.“ Christopher Ziedler

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