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Wirtschaft: Mehr Tanktourismus in Ostdeutschland?

BERLIN (kwi).Angespannt verhandeln SPD und Bündnisgrüne über eine Anhebung der Mineralölsteuer.

BERLIN (kwi).Angespannt verhandeln SPD und Bündnisgrüne über eine Anhebung der Mineralölsteuer.Maximal sechs Pfennig seien drin, sagt bislang die SPD; den Bündnisgrünen reicht das nicht.Ihre ursprüngliche Forderung im Wahlkampf war, die Benzinpreise auf fünf DM zu erhöhen.Würde Deutschland bei einer Erhöhung der Mineralölsteuer endgültig den Rest Europa hinter sich lassen - kassiert schon jetzt der deutsche Staat zuviel?

93 Pfennig pro Liter Benzin zahlt ein deutscher Autofahrer an Mineralölsteuer, zusammen mit der Umsatzsteuer kassiert der Staat also pro Liter Benzin 1,20 DM.Damit liegt Deutschland in der Europäischen Union im Mittelfeld, wie Jürgen Albrecht, Leiter der Verkehrstechnik vom ADAC in München sagt.Es belegt bei den Benzinbruttopreisen Platz neun; rechnet man allerdings die Steuern heraus, rutscht Deutschland auf Platz 13.In manchen Ländern ist der Staat bescheidener: In Luxemburg gehen pro Liter Benzin nur 81 Prennig an den Staat; niedrig ist die Steuerbelastung auch in Griechenland oder Spanien.Spitzenreiter ist Großbritannien gefolgt von Frankreich.

Betrachtet man sämtliche Kraftfahrzeugeinnahmen des Staates, also KfZ-Steuer und Zulassungssteuer, aber auch Verkaufs- und Führerscheinsteuern, dürfte Deutschland eher im oberen Bereich in Europa liegen.Nach einer Statistik des europäischen Verbandes der Automobilhersteller brachte es der deutsche Staat 1997 auf umgerechnet knapp 64 Mrd.Ecu (125,3 Mrd.DM); erheblich weniger ist es in anderen Ländern, auch wenn man bedenkt, das dort die Bevölkerung niedriger ist.13,4 Mrd.Ecu sind es in Spanien, 42,9 Mrd.Ecu.

Ganz abgesehen von ökologischen Erwägungen ist die Mineralölsteuer für den Staat eine praktische Steuer, weil die Nachfrage nach Mineralöl relativ preisunelastisch ist.So ist bei Mineralölsteuererhöhungen - die letzte war Anfang 1994 mit einer Anhebung von 82 auf 98 Pfennig - die Nachfrage nach Benzin nur kurzfristig zurückgegangen; langfristig hat sie sich wieder eingependelt.Die Steuererhöhungen führten also tatsächlich zu mehr Steuereinnahmen.

Mineralölsteuer fällt nicht nur an, wenn man tankt.Auch Heizöl wird besteuert, das in Heizkraftwerken oder zum Erwärmen der privaten Wohnung eingesetzt wird.Doch ist die Bedeutung von Heizöl als Steuereinnahmen sehr gering.Von den reichlich 60 Mrd.Mineralölsteuereinnahmen entfielen nur knapp vier Milliarden DM auf Heizöl.

Ein Anheben der Mineralölsteuer wird natürlich die Industrie und die Autofahrer mehr belasten; nach bisherigen Erfahrungen werden deswegen Private aber kaum auf ihr Auto verzichten.Trotzdem dürften Tankstellen Umsatzeinbußen verzeichnen, wenn sie in Grenzregionen angesiedelt sind.Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes in Hamburg, Peter Schlüter, erwartet, daß der Tanktourismus in Ostdeutschland an der Grenze zu Polen stark zunehmen wird und auch der Handel darunter leiden wird.Bisher sei dies noch nicht der Fall, weil die Infrastruktur noch gering entwickelt ist.

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