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Mein ERSTES Geld (135): Fünf Pfennig für den Feuerreiter

In meiner Heimatstadt Ulm habe ich eine katholische Kirchenzeitung ausgetragen, da bin ich in die zweite oder dritte Klasse gegangen. Damals, 1953 oder 1954, hat keiner gefragt, ob so ein Zustell-Job Kinderarbeit sei.

In meiner Heimatstadt Ulm habe ich eine katholische Kirchenzeitung ausgetragen, da bin ich in die zweite oder dritte Klasse gegangen. Damals, 1953 oder 1954, hat keiner gefragt, ob so ein Zustell-Job Kinderarbeit sei. Die Zeitung – sie hieß „Der Feuerreiter“ – kostete 50 Pfennig. Ich klapperte in unserem Stadtviertel die Abonnenten ab. Immer wieder schenkte mir jemand ein Fünf- oder Zehn-Pfennig-Stück. Das war mein Lohn. Den habe ich zu Hause in einer eigenen kleinen Kasse gespart.

Ich bin als jüngstes von fünf Kindern einen Monat vor Kriegsende zur Welt gekommen. Mein Vater, ein Maschinenschlosser, ist in den letzten Kriegsmonaten vermisst geblieben, und so musste meine Mutter uns alleine großziehen. Es herrschte in diesen Aufbaujahren in weiten Teilen Deutschlands große Not. Das war bei uns nicht anders. So kam es öfter vor, dass am Monatsende das Geld knapp war und meine Mutter sich über meine Kasse hermachte. Sie nahm das Ersparte, um davon Lebensmittel für uns zu kaufen.

Aufgezeichnet von Laura Gitschier.

Karl Ulrich Mayer (65) ist Soziologe. Seit Juli leitet er in Berlin die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, einen Zusammenschluss von 86 Forschungsinstituten verschiedener

Disziplinen.

Karl Ulrich Mayer Präsident der Leibniz-Gemeinschaft

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