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Wirtschaft: Mercks Sünden

Raymond Gilmartin, der Chef des USPharmakonzerns Merck & Co., musste vergangene Woche beim Finanzausschuss des Senats erscheinen.

Raymond Gilmartin, der Chef des USPharmakonzerns Merck & Co., musste vergangene Woche beim Finanzausschuss des Senats erscheinen. Es ging um das vom Markt genommene Schmerzmittel Vioxx. Die Kritik, Merck habe auf Sicherheitsbedenken nicht schnell und entschlossen genug reagiert, wird heftiger.

Ein allgemeiner Vorwurf gegen Merck besagt, Vioxx und ähnliche Arthritis- und Schmerzmittel (Cox-2-Hemmer) stellten gegenüber älteren Präparaten wie Aspirin keine Verbesserung dar. Daher sei es unverantwortlich gewesen, sie auf den Markt zu bringen, obwohl Hinweise vorgelegen hatten, dass sie ein höheres Risiko von Herz- und Schlaganfällen bewirken. Doch mehr als 16000 Menschen allein in Amerika sterben jährlich an inneren Blutungen, die durch die älteren Präparate hervorgerufen werden – bei Cox-2-Hemmern tritt dies nicht auf. Zahlreichen Patienten mit Leiden wie Arthritis haben die Cox-2-Hemmer langfristig Schmerzen erspart.

Der konkrete Vorwurf besagt, Merck habe schon sehr viel früher von Risiken für Patienten mit Herzproblemen gewusst, das Medikament Vioxx aber trotzdem vermarktet. Im Jahr 2000 wurden entsprechende Tests bekannt. Mercks damaliger Forschungschef Edward Scolnick warnte Kollegen in einer E-Mail, dass die Risiken für das Herz bei Vioxx höher seien als bei Konkurrenzmitteln. Dies sei „klar gegeben“, räumte er ein – und empfahl, Vioxx ausreichend auszuzeichnen.

Merck hätte diesem Rat folgen sollen, statt die Arznei vollständig zurückzuziehen. Die Rücknahme gibt Kritikern Recht, die behaupten, die Vorteile von Cox-2-Hemmern wögen die Risiken nicht auf. Obendrein muss das Unternehmen mit einer Welle von Klagen rechnen. Zum Vergleich: Nachdem Bayer den Blutfettsenker Lipobay vom Markt genommen hatte, kam es zu 10000 Prozessen – bei 700000 Anwendern. Vioxx hatte mehr als 20 Millionen Anwender in den USA. Eine Bestrafung Mercks mag angebracht sein. Allerdings wegen Marketing-Betrugs, nicht wegen der Herstellung eines „unsicheren“ Präparats.

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