zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Merkel nimmt Manager in Schutz

Kanzlerin will keine raschen Steuersenkungen

München - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Forderungen der Wirtschaft nach raschen Steuersenkungen für Unternehmen und Arbeitnehmer eine Absage erteilt. „Ich sehe im Augenblick keinen Raum für steuerliche Entlastungen“, sagte Merkel nach einem Gespräch mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft am Freitag in München. Angesichts der Liechtenstein-Steueraffäre appellierten Merkel und die Verbände an die Verantwortung der deutschen Manager für die Akzeptanz des Wirtschaftssystems insgesamt. Die Verbandschefs riefen Merkel zur Fortsetzung des Reformkurses auf und warnten erneut eindringlich vor der flächendeckenden Einführung von Mindestlöhnen.

Merkel betonte bei dem traditionellen Treffen am Rande der Handwerksmesse, mittelfristig müsse natürlich darüber nachgedacht werden, wie die Teilhabe aller am Aufschwung sichergestellt werden könne. Steuerentlastungen seien aber erst auf Basis solider Haushaltsplanungen möglich. Es müssten alle Spielräume genutzt werden, um vor allem die Sozialbeiträge weiter zu senken. Konkrete Versprechungen zum jetzigen Zeitpunkt könnten aber nicht gemacht werden, sagte die Bundeskanzlerin.

Mit Blick auf die jüngste Steueraffäre um Ex-Postchef Klaus Zumwinkel sagte BDI-Präsident Jürgen Thumann, angesichts der Vorbildfunktion deutscher Spitzenmanager sei kriminelles Verhalten wie Steuerhinterziehung „verheerend“ für das Ansehen der sozialen Marktwirtschaft. „Jedes Fehlverhalten wird in der Öffentlichkeit zu Recht gegeißelt.“ Wer gegen die Regeln verstoße, gehöre „nicht mehr dazu“ und werde keinen Rückhalt in der Wirtschaft erhalten. Allerdings handle es sich um individuelle Fehler, sagte der Industriepräsident.

Thumann und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnten vor einer generellen Schelte von Managern im Zusammenhang mit der Affäre. Die „überragende Zahl“ der deutschen Unternehmer agiere außerordentlich verantwortungsbewusst, sagte Hundt. Merkel betonte dagegen, das Fehlverhalten einzelner Manager habe Fragen an die soziale Marktwirtschaft „nicht geringer gemacht“. BDI-Chef Thumann warnte Merkel und die große Koalition vor einer „Rolle rückwärts“ in der Reformpolitik. Nach den Landtagswahlen müssten nun die dringend notwendigen Reformen angepackt und fortgesetzt werden. „Wir dürfen uns keinen Stillstand erlauben.“ Die Erbschaftsteuerreform zum Beispiel sei für den Fortbestand des Mittelstands existenziell und müsse verbessert werden.

Thumann betonte, die „Risiken einer stärkeren konjunkturellen Delle“ hätten zuletzt zugenommen. Pläne für flächendeckende Mindestlöhne bezeichnete er als „leichtsinnig“ und als „Angriff auf die Tarifautonomie“. Merkel äußerte Skepsis über einen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche. Dort gebe es eine „sehr, sehr hohe tarifvertragliche Bindung“. Ihr Ziel sei grundsätzlich die Stärkung und nicht die Schwächung tarifvertraglicher Abmachungen.

Forderungen der Arbeitgeber und der Industrie nach Abschaffung des umstrittenen Mindestarbeitsbedingungengesetzes wies Merkel allerdings zurück. Arbeitgeberpräsident Hundt sei der Meinung, dieses Gesetz gehöre in den Papierkorb. „Der Meinung bin ich nicht“, sagte die Kanzlerin. Der Arbeitgeberpräsident nahm Konzerne wie Siemens, BMW und Henkel, die in dieser Woche trotz Gewinnzuwächsen den Abbau tausender Stellen angekündigt hatten, gegen Kritik in Schutz. Diese Maßnahmen seien „aus betriebswirtschaftlicher Sicht“ offenbar notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der globalisierten Welt auch für die Zukunft zu sichern.

Hundt betonte, die Globalisierung eröffne den Arbeitnehmern auch zusätzliche Chancen. Auch Merkel sagte, unterm Strich habe Deutschland durch die Globalisierung mehr Arbeitsplätze gewonnen als verloren. An dem Gespräch in München nahmen neben Merkel, Hundt und Thumann auch Handwerkspräsident Otto Kentzler und der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig-Georg Braun, teil. dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false