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Wirtschaft: Merz statt Müller

Friedrich Merz ist als Chef der neuen Kohlestiftung im Gespräch – doch das Salär ist eher bescheiden

Düsseldorf – Der ehemalige CDU/CSU- Fraktionschef Friedrich Merz ist als künftiger Vorsitzender der geplanten Kohlestiftung im Gespräch. Nach Informationen des Handelsblatts hat der Vorstandschef des Essener Mischkonzerns RAG, Werner Müller, Merz bei einem Vier-Augen-Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Übergangslösung für die Gründungsphase der Stiftung vorgeschlagen. Die Stiftung soll bis Mitte nächsten Jahres die profitablen Sparten der RAG an die Börse bringen und anschließend den Ausstieg aus der Steinkohle steuern.

Eine offizielle Anfrage hat Merz bisher nicht erhalten. Er wollte sich auf Anfrage nicht zu den Informationen äußern. Die RAG lehnte eine Stellungsnahme ab. Merkel wolle den Vorschlag prüfen, heißt es in den Kreisen weiter. Eine endgültige Entscheidung kann die Regierungschefin nicht alleine treffen, sie braucht die Zustimmung der Kohleländer Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie der Gewerkschaft IG BCE.

Seit Wochen gibt es Streit um die Besetzung des Vorstands der Kohlestiftung. Ende Mai hatte Müller, Wunschkandidat der SPD und der IG BCE, sich dem Widerstand von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gebeugt und seine Ambitionen auf die Leitung der Stiftung aufgegeben. Seitdem sucht die Politik händeringend nach einem neuen Kandidaten. Am Wochenende brachten verschiedene Medien Eon-Ruhrgas-Chef Burckhard Bergmann und den früheren Vorstandsvorsitzenden der Konzerne KHD, Hoesch und Metallgesellschaft, Kajo Neukirchen, als geeignete Persönlichkeiten für den Stiftungsjob ins Spiel. Zuvor hatte der Vorstandsvorsitzende von Thyssen-Krupp, Ekkehard Schulz, abgesagt. Auch Ulrich Hartmann, Aufsichtsratschef von Eon, soll nach Informationen des Handelsblatts schon vor einigen Wochen die Leitung der Kohlestiftung abgelehnt haben.

Die bisher erfolglose Suche nach einem neuen Kandidaten für den Stiftungsvorsitz gefährdet den Zeitplan für den geplanten Börsengang der RAG ab Mitte nächsten Jahres, auf den sich der Bund, die Kohleländer NRW und Saarland, die IG BCE und die RAG bereits im Februar verständigt hatten. Bis Ende Juni sollen die Stiftung gegründet und alle Personalfragen geklärt sein. Bis dahin sollen auch die heutigen Anteilseigner der RAG – Eon, RWE, Thyssen-Krupp und Arcelor Mittal – ihre Aktien zum symbolischen Preis von einem Euro an die Stiftung übertragen. Mitte Juli soll die Stiftung dann die sogenannten Erblastenverträge mit den Kohleländern abschließen. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause, also spätestens Anfang August, soll das Kabinett das Steinkohlefinanzierungsgesetz verabschieden.

Wie es in den Verhandlungskreisen heißt, bringt Unionspolitiker Merz gute Voraussetzungen für die kommissarische Leitung der Kohlestiftung mit. Der Jurist, Partner der internationalen Kanzlei Mayer, Brown, Rowe and Maw, ist Berater der RAG und hatte die Grundlage für die Satzung der Kohlestiftung entworfen. Er kennt sich also in der komplizierten Vertragsmaterie aus und bräuchte sich nicht neu einzuarbeiten. Damit wäre auch Zeit für die Suche nach einem dauerhaften Stiftungschef gewonnen, der voraussichtlich im Herbst ernannt werden soll. Die SPD beharrt darauf, eine Findungskommission mit der Suche nach einem Kandidaten zu beauftragen.

Aus Sicht vieler Manager ist der Vorsitz der Kohlestiftung allerdings wenig reizvoll. So sieht die Stiftungsatzung vor, dass das Stiftungskuratorium, eine Art Aufsichtsrat, den Stiftungsvorstand auch ohne wichtigen Grund entlassen kann. Das Salär ist bescheiden, der Stiftungschef soll nicht mehr verdienen als der Ministerpräsident von NRW. Darüber hinaus muss sich der Vorstand seine Anlagestrategie vom Kuratorium absegnen lassen. Die Stiftung soll die Einnahmen aus dem Börsengang sicher und rentabel anlegen, und bis zum Ende der Steinkohleförderung in Deutschland im Jahr 2018 ein Vermögen von 8,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Mit diesem Geld sollen dann die Folgekosten des Bergbaus beglichen werden.

Auch Merz wird von der Stiftungssatzung abgeschreckt. Aus seinem Umfeld heißt es, es sei kaum vorstellbar, dass er unter diesen Umständen Lust auf die Leitung der Stiftung habe. Inwieweit die Satzung der Stiftung noch verändert wird, ist offen. Rüttgers möchte den politischen Einfluss von NRW im Kuratorium noch weiter ausbauen und beansprucht von den insgesamt elf Sitzen vier. Da alle wichtigen Beschlüsse nur mit einer Zweidrittelmehrheit gefällt werden, hätte das Land eine Sperrminorität. Der Bund und die IG BCE wollen diese Vormachtstellung verhindern. Auf einem weiteren Kohlegipfel am Mittwoch dieser Woche soll die Stiftungssatzung endgültig verabschiedet werden. Den Chef der Stiftung soll der Koalitionsausschuss am 18. Juni verkünden. HB

S. Afhüppe, M. Hennes

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