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Schaustücke in Detroit. In der US-Autostadt beginnt traditionell der Autofrühling.

© AFP

Messerundgang: Autohersteller suchen das spezielle VIP-Gefühl

Die US-Autoindustrie ist raus aus der Krise und zeigt das mit neuem Selbstbewusstsein zu alten Edelmarken. Auch deutscher Luxus ist in Detroit gefragt. Ein Messerundgang.

Detroit, Mitte Januar. Eigentlich müsste jetzt Schnee liegen. Einen Meter hoch, schwarz von den Abgasen und dem Straßenschmutz der ehemaligen Industrie-Metropole. Doch zur Internationalen Nordamerikanischen Auto-Show meint es der Wettergott gut mit der ansonsten leidgeprüften Branche. Von Michigan-See her weht ein harscher Wind, aber es ist trocken und mit fast fünf Grad geradezu frühlingshaft.

Entsprechend gut gelaunt sind die Macher der Branche, die auf der wichtigsten Automobil-Messe der Welt traditionell ihre neuen Modelle vorstellen. Die Bosse von General Motors (GM) und Ford freuen sich über ein gutes Jahr: 2012 haben sich die beiden großen US-Hersteller aus der Krise der letzten Jahre zurückgemeldet. Beide sind profitabel, verzeichnen ansehnliche Absatzzahlen.

Der dritte im Bunde der "Big Three" ist nicht mehr amerikanisch: Chrysler gehört seit vier Jahren zur italienischen Fiat-Gruppe, Konzernchef Sergio Marchionne wird in Detroit als Branchenmessias verehrt. Seine Firma hängt die US-Konkurrenz ab. Mit soliden Verkaufszahlen im Rücken gibt man sich ambitioniert.

Chevrolet, eine GM-Marke, tritt in Detroit mit einem Traumflitzer auf, der neuen Corvette C7 Stingray. Ford bringt die historische Luxusmarke Lincoln zurück, die seit den Dreißigerjahren einen besonderen Platz in der amerikanischen Automobilgeschichte hat. Der Lincoln MKC Concept - die Studie hat noch keinen Händlertermin - definiert Luxus neu, und zwar ungewöhnlich schlicht für amerikanische Augen. "Seit der Rezession ist extrovertierter Luxus passé", sagt Firmenchef Bill Ford. Jetzt geht es um klassische Eleganz, Fahrkomfort und das ganz spezielle VIP-Gefühl. Potenzielle Kunden dürfen eine "Lincoln Date Night" genießen, bekommen einen Leihwagen für's Wochenende, samt Dinner im Sterne-Restaurant.

Zu ihren Präsentationen haben die Autobauer Prominenz eingeladen. Michigans Gouverneur Rick Snyder lässt sich den ersten Blick auf die neue Corvette nicht entgehen, Bürgerrechtler Jesse Jackson applaudiert dem neuen Jeep von Chrysler, Funk-Diva Chaka Khan singt für VW.

Mercedes-Benz lässt die neue E-Klasse von Hollywood-Star Diane Kruger vorfahren, die Musik kommt nicht vom Band, sondern live von Rockstar Bruce Hornsby. Die Show versucht wettzumachen, dass der Präsentation ein Highlight fehlt: die Einsteiger-Limousine CLA wurde in Detroit nur ganz kurz einem handverlesenen Publikum gezeigt, die offizielle Premiere gibt es erst im März in Genf.

Dennoch ist Konzernchef Dieter Zetsche mit der Präsentation zufrieden. Dabei hat er es zur Zeit wahrlich nicht einfach mit seiner Marke. War Mercedes früher stets die Nummer Eins im Luxussegment, ist man heute hinter BMW und Audi zurückgefallen. Unter den deutschen Autobauern hat Mercedes-Benz die schwächsten Zahlen.

Was die deutschen Hersteller noch bieten

Deutlich besser lief es bei BMW. Für die Münchner war 2012 in den USA das beste Jahr überhaupt. Vor allem die Dreier-Reihe verkauft sich rasant. Für BMW zahlen sich die Investitionen der letzten Jahre aus. Mehr als fünf Milliarden Dollar steckte man in das Werk in Spartanburg im Bundesstaat South Carolina, seither geht es mit den Absätzen in Amerika aufwärts. In Detroit gab es nun die Weltpremiere für den Z4, der feuerrot vor imposanter Kulisse glänzte: Auf der Videowand hinter dem Wagen leuchteten die majestätischen Sandsteinkolosse des Monument Valley - im kalten Detroit könnte es kein verlockenderes Bild geben.

Doch die wahre Erfolgsgeschichte kommt aus Wolfsburg: Die VW-Gruppe verbucht für 2012 ein Absatzplus von mehr als 30 Prozent, Volkswagen selbst liegt bei 35 Prozent. Auch hier zahlen sich Investitionen aus: Seit der US-Passat in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee vom Band fährt, hat der Konzern die US-Absätze verdoppelt.

VW erholt sich damit von einem Trauma der Achtziger, als man zwei Werke wegen schwacher Umsätze schließen musste. Man habe seither viel dazugelernt, mein VW-Chef Martin Winterkorn. "Wir haben uns besser auf den amerikanischen Markt eingestellt und ein effizientes Ausbildungssystem geschaffen." Volkswagen hat in Tennessee das Duale System eingeführt und ist Teil einer größeren Aktion der deutsch-amerikanischen Handelskammer, die das Ausbildungswesen in den USA nach deutschem Vorbild verbessern will.

VW präsentiert in Detroit "das beste Line-Up, das wir je hatten", wie US-Chef Jonathan Browning beschwört. Höhepunkt der Präsentation ist der Cross Blue, mit dem die Wolfsburger in das Marktsegment der mittleren SUV vorstoßen. In der Kategorie, die bei VW zwischen Tiguan und Tuareg fällt, werden jährlich 1,2 Millionen Fahrzeuge verkauft. Volkswagen will sich seinen Anteil sichern, auch wenn noch nicht klar ist, wann das Modell in Serie geht.

Mit Vollgas ins neue Jahr starten auch die VW-Töchter im Luxussegment. Audi und Porsche haben im abgelaufenen Jahr um jeweils fast 20 Prozent zugelegt. Porsche will diesen Wert mit dem neuen Cayenne Turbo S mit 550 PS toppen.

Audi konzentriert sich auf neue Technologien: Eine Woche nach der Consumer Electronics Show in Las Vegas präsentiert man einen Autopiloten, der zumindest auf den Straßen Nevadas bereits zugelassen ist.

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