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Wirtschaft: Metallabschluß heftig umstritten

BONN (sm/HB/Tsp).Mit der Vereinbarung einer Tariferhöhung von 3,2 Prozent und Einmalzahlungen haben die Tarifparteien der baden-württembergischen Metallindustrie zwar einen Streik abgewendet.

BONN (sm/HB/Tsp).Mit der Vereinbarung einer Tariferhöhung von 3,2 Prozent und Einmalzahlungen haben die Tarifparteien der baden-württembergischen Metallindustrie zwar einen Streik abgewendet.Fraglich war am Donnerstag jedoch, ob der Abschluß die Tarifauseinandersetzung bundesweit beenden wird.Die ostdeutschen Metallarbeitgeber haben bereits angekündigt, daß sie die Vereinbarung nicht übernehmen wollen.

Die Arbeitgeberverbände von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bezeichneten die Einigung aus Baden-Württemberg am Donnerstag als ungeeignet für Ostdeutschland.Die Situation der Unternehmen in den neuen Ländern sei nicht berücksichtigt worden.Die IG Metall pocht dagegen auf die Übernahme des Schlichterspruchs auch im Osten.Bei den zwei Tage dauernden Schlichtungsverhandlungen für die 840 000 Metall-Beschäftigten hatten sich Arbeitgeber und IG Metall in Böblingen rückwirkend zum 1.Januar auf einen Tarifvertrag mit 14 Monaten Laufzeit geeinigt.Die Beschäftigten sollen ab 1.März lineare Lohnerhöhungen um 3,2 Prozent erhalten.Für Januar und Februar gibt es einmalig 350 DM.Zudem sollen die Beschäftigten eine Einmalzahlung von einem Prozent eines Jahresgehaltes erhalten, die anders als von den Arbeitgebern gefordert nicht abhängig vom Ertrag der Firmen sein soll.

Als "enttäuschend" bewertete Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt das Schlichtungsergebnis.Es sei gegenüber der moderaten beschäftigungsorientierten Tarifpolitik der vergangenen drei Jahre "ein herber Rückschlag", sagte Hundt in Bonn.Ziel der Arbeitgeber sei es jetzt, die Wirkung des Abschlusses zu begrenzen.Das Ergebnis dürfe "keinerlei Pilotcharakter für andere Branchen haben", betonte Hundt.Er unterstützte Gesamtmetall-Präsident Werner Stumpfe, der den anderen Tarifbezirken der Metallindustrie keine Empfehlung zur Übernahme des Böblinger Ergebnisses gegeben hatte.Das Verhandlungsergebnis sei mit einer Arbeitskampfdrohung in einer Region mit einer beträchtlichen Zahl noch gut beschäftigter Betrieben "erpreßt worden", warf Hundt der IG Metall vor.

Hundt hofft, sein Ziel, die Wirkung des Metallabschlusses zu begrenzen, mit Unterstützung von Bundeskanzler Gerhard Schröder im Bündnis für Arbeit zu erreichen."Ohne eine Grundverständigung über die Tarifpolitik macht das Bündnis für Arbeit keinen Sinn", erklärte Hundt.Er werde daher bei der nächsten Bündnisrunde am 25.Februar ein Konzept für eine beschäftigungsorientiert Lohnpolitik vorlegen.Bedenkenswert sei dabei der Vorschlag des Regierungsberaters Professor Wolfgang Streeck für eine längerfristige Lohnformel zur Orientierung für die Tarifpolitik.

Der SPD-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine begrüßte das Böblinger Schlichtungsergebnis als Beleg dafür, daß das deutsche Tarifsystem funktionsfähig sei.Die Opposition von CDU/CSU und FDP kritisierte die Vereinbarung.Der Abschluß sei angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der anstehenden Gespräche um ein Bündnis für Arbeit "ein Schlag ins Gesicht der Arbeitslosen", erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Hermann Kues.

Das Handwerk warnte ebenso wie der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels davor, den Tarifabschluß auf andere Branchen zu übertragen.Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau warnte vor neuem Arbeitsplatzabbau, sollte der Abschluß auf die gesamte Branche übertragen werden.Ökonomen kritisierten insbesondere, daß der Abschluß praktisch keine betriebsbezogenen Elemente enthalte.

Manfred Gentz, Finanzvorstand von DaimlerChrysler, sagte gegenüber dem Tagesspiegel, "wir sollten froh sein, daß ein Arbeitskampf vermieden wurde".Aber die Kosten des Abschlusses seien wegen der Konjunkturschwäche unangemessen hoch.Die Gewerkschaften hätten "zwar nicht zu Unrecht argumentiert, daß die Nettolohnzuwächse in den vergangenen Jahren sehr niedrig gewesen seien".Doch "nur weitere Lohnzurückhaltung schafft neue Arbeit", sagte Gentz.

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