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Wirtschaft: Metaller wollen wieder miteinander reden

IG Metall und Arbeitgeber sind zu Gesprächen bereit – trotzdem gehen die Streiks in Ostdeutschland weiter

Berlin (hof/dc/mwb/HB/Tsp). Im Streik der ostdeutschen Metallarbeitnehmer für die Einführung der 35Stunden-Woche haben sich Gewerkschaft und Arbeitgeber am Sonntag zu neuen Gesprächen in dieser Woche bereit erklärt. Man werde „ohne Vorbedingungen“ an den Verhandlungstisch gehen, sagte der Geschäftsführer der sächsischen Metallarbeitgeber, Andreas Winkler. Die Gewerkschaft hatte am Freitag die Arbeitgeber aufgefordert, bis Mittwoch wieder Gespräche aufzunehmen. Man warte nur auf ein Terminangebot der Arbeitgeber, sagte IG-Metall-Sprecherin Marlis Dahne dem Tagesspiegel.

Hintergrund der Tarifauseinandersetzung, die an diesem Montag in die vierte Woche geht, ist die Arbeitszeitverkürzung, die die IG Metall verlangt. Statt 38 Stunden in der Woche wie bisher wollen die ostdeutschen Metallarbeitnehmer künftig nur noch 35 Stunden arbeiten. Dafür verlangen sie einen Stufentarifvertrag mit einer nachvollziehbaren Zeitschiene. Die Metallarbeitgeber wollen die Arbeitszeitverkürzung an wirtschaftliche Fortschritte der Betriebe knüpfen. Auf diese Bedingung will die IG Metall eingehen und über Bedingungen sprechen, unter denen schwache Betriebe die 35-Stunden-Woche später als stärkere einführen können.

Beim Autobauer BMW, der von fehlender Getriebe-Zulieferung aus Brandenburg betroffen ist, sind seit heute mehr als 10 000 Mitarbeiter in Westdeutschland von Kurzarbeit betroffen. BMW, aber auch Siemens wollen ihr Engagement in Ostdeutschland überprüfen. Gewerkschaftssprecherin Dahne bezeichnete das jedoch im Gespräch mit dem Tagesspiegel als „Theaterdonner“.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte am Wochenende gesagt, er habe kein Verständnis für die gegenwärtige Streikwelle. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel bezeichnete den Streik als „aberwitzig“. Sie befürchte, dass der Arbeitskampf viele Arbeitsplätze kosten werde.

Der Arbeitskampf in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie zieht vor allem die Automobilbranche in Mitleidenschaft. Bei BMW steht seit heute die Produktion der 3er-Serie in Regensburg, München und Dingolfing. 1800 Fahrzeuge laufen dort normalerweise täglich vom Band. Der vorerst bis Mittwoch befristete Produktionsstopp wird sich nun voraussichtlich um eine Woche verlängern, da die IG Metall angekündigt hat, den Getriebehersteller und BMW-Zulieferer ZF in Brandenburg weiter zu bestreiken. BMW hat nach Angaben eines Unternehmenssprechers Kurzarbeit für die mehr als 10 000 betroffenen Beschäftigten beantragt.

Beim direkt vom Streik betroffenen Volkswagen-Konzern mit seinen Werken in Mosel und Leipzig sowie der Motorenfabrik in Chemnitz, könnten Ende der Woche auch in Wolfsburg die Bänder stillstehen: „Wenn der Streik weitergeht, wird ab kommenden Freitag die Produktion des Golf und des Lupo zum Stehen kommen", sagte ein VW-Sprecher. Die Fertigung sei auf Teile aus Ostdeutschland angewiesen. VW produziert in Wolfsburg täglich etwa 2000 Golf und 3-Liter-Lupo. Durch den Streik im Werk Mosel wurden bereits rund 13 000 Golf und Passat weniger produziert. Betroffen sein könnte auch ab Mitte der Woche die Fertigung des neuen Familien-Vans Touran. Eine Drosselung der Produktion sei nicht auszuschließen, so ein VW-Sprecher. Den finanziellen Schaden wollte der designier te VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch allerdings nicht beziffern. Wie BMW hat VW für die Mitarbeiter in Wolfsburg Kurzarbeit beantragt.

Vorsichtig mit Schadensrechnungen ist auch Daimler-Chrysler. Dem Unternehmen droht in seinem Werk in Ludwigsfelde – dort wird der Mercedes-Van Vaneo produziert – ebenfalls eine Verlängerung des Streiks. Opel ist nach Aussagen eines Sprechers „vorerst nicht akut betroffen“. Da Thüringen bislang nicht in den Streik einbezogen sei, laufe die Corsa-Fertigung in Eisenach reibungslos.

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