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Metallindustrie: Arbeitgeber kritisieren Pilotabschluss

Nach dem Düsseldorfer Tarifabschluss für die Metall- und Elektroindustrie hagelt es Kritik aus Arbeitgeberlager. Unter anderem wurden Lohnsteigerungen von drei Prozent vereinbart.

Düsseldorf - Der am Samstag in Düsseldorf unterzeichnete Tarifvertrag, mit dem ein Arbeitskampf abgewendet werden konnte, hat Pilotcharakter: Arbeitgeber und Gewerkschaft in den übrigen deutschen Metall-Bezirken mit ihren insgesamt 3,4 Millionen Beschäftigten signalisierten eine Bereitschaft zur Übernahme.

Der Abschluss sieht Einkommenssteigerungen um drei Prozent ab dem 1. Juni vor. Für die Monate März, April und Mai wurde eine Einmalzahlung von 310 Euro vereinbart. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von insgesamt 13 Monaten.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte den Abschluss kostenmäßig nur schwer verkraftbar. «Die Erhöhung der Entgelte geht wesentlich über das hinaus, was beschäftigungspolitisch erforderlich ist», betonte Hundt. Zugleich begrüßte er die größeren betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten des Vertrages. Kritik kam auch vom Verband der Automobilindustrie (VDA). Dessen Präsident Bernd Gottschalk, sagte, der Abschluss gebe von der Lohnhöhe her keine Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit und die Stärkung des Standortes Deutschland. Die Einigung sei «ein hoher Preis für die Differenzierung in der Tarifpolitik, die zu begrüßen ist», sagte Gottschalk der dpa.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstrich, es sei gut, dass ein Arbeitskampf habe abgewendet werden können. Zudem werde mit ertragsabhängigen Komponenten durch Einmalzahlungen ein zeitgemäßer Ansatz verfolgt. SPD-Chef Kurt Beck erklärte, der Abschluss sei ein Sieg der Tarifautonomie. Durch die Bereitschaft zum Kompromiss habe ein für beide Seiten tragfähiges Ergebnis erzielt werden können. IG Metall-Chef Jürgen Peters nannte die erreichte Verhandlungslösung einen «Kompromiss mit Augenmaß». Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser sagte, der Abschluss liege am oberen Rand der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Betriebe.

Bei der Einmalzahlung vereinbarten die Tarifpartner erstmals den Einstieg in eine flexible Entlohnung. Die Betriebe können, je nach wirtschaftlicher Lage, von den 310 Euro nach unten und nach oben abweichen. Dabei seien Beträge zwischen Null und 620 Euro möglich. «Wir werden sehen, wie sich das Modell in der Praxis bewährt», sagte Kannegiesser. Unternehmensleitung und Betriebsräte müssen sich einvernehmlich auf Abweichungen verständigten.

Es sei wichtig, dass mit dieser «zusätzlichen Betriebsnähe der unterschiedlichen Leistungskraft der Betriebe» Rechnung getragen werde, sagte Kannegiesser der dpa. Mit dieser Regelung sei der Flächentarifvertrag modernisiert worden, weil die Betriebe erstmals einen Entscheidungsfreiraum hätten. Nach Berechnungen des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall belastet der Abschluss auf die Vertragslaufzeit umgerechnet die Betriebe im Schnitt mit 2,9 Prozent. Wenn die Einmalzahlung von 310 Euro nicht erfolge, könne die Belastung während der Vertragslaufzeit sogar bis auf durchschnittlich 2,3 Prozent gesenkt werden, sagte die Hauptgeschäftsführerin von Gesamtmetall, Heike Maria Kunstmann, am Sonntag in Berlin.

Auch die übrigen Streitpunkte wurden gelöst. So sollen die vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 319 Euro jährlich künftig in einen Rentenbaustein umgewandelt werden und nur noch für die Altersvorsorge gezahlt werden. Einigung gab es auch auf einen Tarifvertrag zur Weiterbildung. Zur so genannten Steinkühler-Pause, die es bisher für 92 000 Fließband- und Akkordarbeiter im Tarifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden gab, wurde eine Neuregelung unterzeichnet. Ihre Auslegung war am Sonntag zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern jedoch umstritten. Uneinigkeit herrschte darüber, für wie viele der bis lang von der Pausenregelung betroffenen Beschäftigten die Pausenregelung auch künftig gilt.

Nach einer dpa-Umfrage gab es in den anderen Metall-Tarifbezirken positive Signale sowohl von der Gewerkschaft als auch von den Arbeitgebern für eine Übernahme des Düsseldorfer Abschlusses. Im Südwesten und in Bayern sollen die Großen Tarifkommission der Gewerkschaft am Montag über eine Übernahme des in NRW erzielten Kompromisses beraten. In Nordrhein- Westfalen war zuletzt im Jahr 2000 ein wegweisender Tarifabschluss für die gesamte Branche erzielt worden. In den vergangenen Jahren hatte Baden-Württemberg diese Rolle übernommen.

Die Gewerkschaft war am Freitag von ihrer ursprünglichen Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt abgerückt und hatte stattdessen eine Erhöhung um 3,4 Prozent gefordert. Die Arbeitgeber erhöhten ihr ursprüngliches Angebot von 1,2 Prozent daraufhin auf 2,0 Prozent plus Einmalzahlungen. (tso/dpa)

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