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Satya Nadella erläuterte am Dienstag in der TU Berlin vor rund 1200 Studierenden seine Sicht über die Veränderungskraft neuer Technologien.

© dpa

Microsoft-Chef Nadella in Berlin: Intelligenz und Leidenschaft

Microsoft-Chef Satya Nadella erklärt Berliner Studenten bei seinem ersten Deutschlandbesuch, warum IT die Welt verändert.

Acht Stunden lang musste Satya Nadella sich in Interviews beweisen, als er sich Anfang der 1990er Jahre bei Microsoft bewarb. Viele vertrackte Programmieraufgaben sollte er lösen. „Es hat sich wie Folter angefühlt“, berichtet Nadella. Dann kam die letzte Frage: „Sie stehen auf einer Kreuzung, neben ihnen schreit ein Kind. Was tun sie?“, wollte ein Manager wissen. Nadella war perplex. „Ich habe zwei Minuten überlegt“, sagt er. „Dann antwortete ich: Ich würde die Notrufnummer 911 rufen.“ Natürlich war das die falsche Antwort. „,Sie sollten gehen', hat der Mann geantwortet. ,Sie mögen zwar smart sein, aber es fehlt Ihnen an Empathie'“.

Das Ende ist bekannt. Natürlich hat Nadella den Job trotzdem bekommen und ist seit Februar diesen Jahres Vorstandschef von Microsoft. „Ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich verstanden habe, dass beides wichtig ist – Intelligenz und Empathie.“ Er sei mit dem Unternehmen groß geworden, erzählt Nadella am Dienstag vor Studenten im Audimax der TU Berlin. Als er den Chefposten übernommen habe, sei es ihm dann schwer gefallen, eine Außenperspektive einzunehmen, um einen objektiven Blick auf Microsoft haben zu können.

"Wie IT unsere Welt verändert"

Es ist Nadellas erster Besuch in Deutschland, seit er den Chefposten von Microsoft von Steve Ballmer übernommen hat. Anlass für seinen Besuch ist der „Technical Summit“, die größte und wichtigste deutschsprachige Entwicklerkonferenz von Microsoft. Rund 750 Entwickler und IT-Experten diskutieren dabei an drei Tagen in Berlin über die Chancen des digitalen Wandels – und welchen Beitrag Microsoft dazu liefern kann. Daneben trifft sich Nadella mit wichtigen Kunden und Partnern und besucht eine Betriebsversammlung, an der auch die Mitarbeiter in München per Videokonferenz teilnehmen können. Microsoft beschäftigt in Deutschland rund 2700 Mitarbeiter.

„Wie IT unsere Welt verändert“, ist der Titel unter dem der Auftritt an der TU steht. Es ist kein Vortrag, sondern ein lockeres Gespräch mit Manfred Hauswirth, TU-Professor und Leiter des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikationssysteme. Welchen Rat er denn den Studenten gebe, fragt Hauswirth. „Vor vielen Monden“, berichtet Nadella, habe er sich bei seinem damaligen Chef beklagt, dass er zu viel Arbeit habe. Der habe ihm geantwortet: „Was ist, wenn Du das Ganze nicht als Arbeit siehst, sondern Arbeit als Vergnügen betrachtest? Mein Rat an die Studenten also lautet: Folge Deiner Leidenschaft.“ Und das sei auch genau das, was er in Job-Interviews erfrage: „Was ist Deine Leidenschaft?“ Der Microsoft-Chef regt die Studenten an, sich zu fragen, „was tue ich heute, dass in Zukunft relevant sein wird?“

Die vierte industrielle Revolution

Nadella, 47 Jahre alt, in Indien geboren und Vater von drei Kindern, drahtig und agil, spricht laut mit hoher Stimme. Er ist voller Energie, aber nicht so polternd wie sein Vorgänger Ballmer. Er liest gern Gedichte und überhaupt Bücher, die nichts mit IT zu tun haben, berichtet er den Berliner Studenten.

Und er spricht über die vierte industrielle Revolution, das Internet der Dinge, die Digitalisierung sämtlicher Wirtschaftsprozesse. Wenn alle Geräte von den Produktionsmaschinen bis zu den Aufzügen über das Netz verbunden seien, würden Plattformanbieter wie Microsoft eine wichtige Rolle einnehmen. Es entstehen Unmengen von Daten. „Wir müssen die Signale vom Umgebungslärm trennen“, sagt Nadella. „Es reicht nicht, Big Data zu haben, man muss auch das Wissen haben, die Daten auszuwerten.“ Er sei überzeugt, dass Technologie in der Lage sei, das Leben zu verbessern. Er berichtet von seinem behinderten Sohn. „In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Prothetik so nachhaltig verbessert, dass er enorm an Lebensqualität gewonnen hat.“

Zum Abschied einen Band von Rilke

Natürlich spricht Nadella auch über das neue Windows, das Windows zehn heißt, obwohl Nummer neun an der Reihe gewesen wäre. „Wir hatten einfach das Gefühl, dass es so fundamental anders ist, dass wir eine Nummer übersprungen haben.“ Es liege nicht daran, dass man bei Microsoft nicht zählen könne.

Zum Abschied hält TU-Präsident Christian Thomsen noch ein Geschenk für Nadella bereit: Einen Band von Rainer Maria Rilke, „Neue Gedichte“ in der zweiten Auflage von 1913. An dem Auftritt habe ihm besonders gefallen, dass er gezeigt habe, wie wichtig es sei, etwas mit Leidenschaft zu tun. Das würden Studenten allzu oft vergessen, sagt der TU-Präsident. Da ist Nadella schon auf dem Weg zu seinem nächsten Termin.

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