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Umbruchphase. Steve Ballmer macht den Weg für einen Neuanfang bei Microsoft frei. Doch die Suche nach einem Nachfolger wird sich schwierig gestalten.

© dpa

Microsoft-Chef: Steve Ballmer geht, die Aktie steigt

Der Mitarbeiter mit der Nummer 30 war seit 1980 bei Microsoft. Doch bei der Einschätzung von iPhone und Tablet lag er gründlich daneben.

Der Blick auf den aktuellen Börsenkurs seines Unternehmens dürfte Microsoft-Chef Steve Ballmer am Freitag endgültig die Laune verdorben haben. Kaum hatte er seinen Rücktritt auf Raten verkündet, schoss die Aktie um sieben Prozent nach oben. Die Börsianer waren mehrheitlich wohl der Meinung, dass Microsoft die enormen Herausforderungen ohne seinen lautstarken Chefverkäufer besser meistern kann. Ballmer wird es kaum getröstet haben, dass dieser Kursgewinn sein persönliches Vermögen wegen seines dicken Aktienpakets um bis zu eine Milliarde Dollar gesteigert hat.

In einer Mail an seine Mitarbeiter hatte Ballmer zuvor darauf hingewiesen, welche rasante Entwicklung Microsoft genommen hat, seit er im Juni 1980 dem Ruf seines Freundes Bill Gates folgte und Angestellter Nr. 30 bei Microsoft wurde: „Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben. Unser Umsatz ist von 7,5 Millionen Dollar auf fast 78 Milliarden Dollar gestiegen, seit ich bei Microsoft angefangen habe, und wir sind von gerade einmal 30 Mitarbeitern auf fast 100 000 gewachsen.“ Neben Gates hatte Ballmer einen entscheidenden Anteil an dieser Erfolgsgeschichte, weil er rund um Microsoft ein komplettes System an Hardware-Partnern und Serviceunternehmen zum Blühen brachte. Und auch nachdem sich Firmenmitbegründer Gates als Wohltäter und Stifter aus dem Unternehmen zurückzog, konnte Ballmer Umsatz und Gewinn beharrlich steigern. Microsoft etablierte die Windows-Software auf den Servern in den Rechenzentren. Außerdem bot er mit der Xbox der asiatischen Games-Industrie Paroli. Ballmer verfügte allerdings nicht über das technologische Gespür, das andere Pioniere der Computerindustrie auszeichnete.

Legendär: Steve Ballmers Fehleinschätzung zum iPhone

Legendär ist seine Fehleinschätzung des iPhones. Kurz nach der Präsentation des ersten Apple-Smartphones im Jahr 2007 machte sich Ballmer über das Produkt lustig und fragte das Publikum, wer wohl das „teuerste Telefon der Welt“ kaufen werde. Es dauerte Jahre, bis Ballmer Konsequenzen aus seinem Irrtum zog und die Entwicklung eines modernen Smartphone-Systems in Auftrag gab, das sich heute gegen die Konkurrenz von Google und Apple schwertut. Zwischendurch musste er mit den missratenen Produkten Zune (einem iPod-Konkurrenten) und Kin (ein Smartphone für Jugendliche) weitere Nackenschläge hinnehmen.

Ballmers zweite Fehleinschätzung: das Tablet

Ballmer wollte zunächst auch nicht wahrhaben, dass immer mehr Menschen einen Tablet-Computer wie das iPad statt eines traditionellen PC verwenden werden. „Die Menschen werden mehr und mehr PC verwenden. Das wird für viele Jahre gelten, die vor uns liegen“, sagte er noch im Juni 2010. Tatsächlich befand sich der Markt der Personal Computer vor drei Jahren schon in einer Stagnationsphase. Und seit fünf Quartalen geht der Absatz der PCs sogar zurück. Microsoft spielt zwar inzwischen mit dem Tablet-Computer Surface und dem neuen Windows-System auch in dem neuen Marktsegment mit. Die ersten Verkaufszahlen waren jedoch für Microsoft und seine Partner absolut enttäuschend.

In der Branche wird immerhin mit Respekt zur Kenntnis genommen, dass Ballmer in dieser schwierigen Umbruchphase den Weg für einen Neuanfang frei macht. Allerdings wird die Suche nach einem Nachfolger nicht einfach werden. Die Riege der Stars aus der zweiten Reihe bei Microsoft hat sich gelichtet: Chef-Softwarearchitekt Ray Ozzie verließ 2010 frustriert das Unternehmen, Windows- Chef Steve Sinofsky warf im vergangenen November das Handtuch. Unter den Microsoft-Managern ist derzeit Tony Bates der Favorit für die Ballmer-Nachfolge. Der ehemalige Chef des Online-Telefondienstes Skype ist inzwischen auch für die mächtige Businessabteilung bei Microsoft zuständig und gilt als ausgewiesener Internetexperte. (dpa)

Christoph Dernbach

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