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Ralph Haupter. „Es werden 2011 in Deutschland mehr als zehn Millionen Smartphones verkauft.“ Foto: promo

© picture alliance / dpa

Microsoft-Deutschland-Chef Haupter: "Es geht nicht nur um die Geräte"

Microsoft-Deutschland-Chef Ralph Haupter spricht mit dem Tagesspiegel über die neue Allianz mit Nokia und den Smartphone-Boom und die Bedeutung der Cebit.

DER MANAGER

Ralph Haupter ist seit 1. Mai 2010 Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland. Der 42-jährige Diplom-Ingenieur ist seit 2005 bei Microsoft. Davor war er zwölf Jahre bei IBM in verschiedenen Vertriebsfunktionen tätig. Haupter hat einen Abschluss in Maschinenbau sowie in Wirtschaft und Außenhandel. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und spielt in seiner Freizeit gern Trompete.

DAS UNTERNEHMEN

Microsoft ist der weltgrößte Softwarekonzern. 88 596 Mitarbeiter, 2700 davon in Deutschland, setzten im vergangenen Geschäftsjahr 62,4 Milliarden Dollar um. Am 11. Februar gab der Konzern bekannt, dass Nokia Microsofts Betriebssystem Windows Phone als Smartphone-Plattform übernehmen will. Bei Smartphones und Tablet-PCs mit berührungsempfindlichem Bildschirm liegen die Betriebssysteme von Apple und Google vorn.

Herr Haupter, kürzlich hat sich Microsoft bei Smartphones mit Nokia verbündet. Hat es Sie geärgert, dass viele Beobachter nicht so recht an den Erfolg der Allianz glauben?

Nein. Meine Einschätzung ist, dass dieses Vorhaben eine so große Tragweite hat, dass es vielen schwerfällt, das richtig einzuschätzen. Nokia und wir sehen große Chancen in dieser Partnerschaft.

Wo liegen die Chancen?

Mit Nokia haben wir einen Partner, der eine große Expertise in der Produktion und im weltweiten Vertrieb von Smartphones hat. Es ist ein großer Vertrauensbeweis, wenn eine Firma wie Nokia auf unser Betriebssystem setzt. Die Partnerschaft gibt uns die Chance, unsere Reichweite schneller zu vergrößern, als wir das vielleicht allein geschafft hätten. Und es geht ja nicht nur um die Geräte, sondern auch um die Dienste drum herum. Denken Sie an die Suchmaschine Bing, die Integration der Office-Produkte und auch an Hotmail. Für den Kunden bedeutet das ein viel besseres Erlebnis auf dem Smartphone.

Sie haben die ersten gemeinsamen Produkte für 2012 angekündigt. Ist das nicht ein bisschen spät für einen Markt, der sich so rasant entwickelt?

Der Markt hat in der Tat eine hohe Dynamik. Der Hightech-Verband Bitkom schätzt, dass in diesem Jahr in Deutschland zehn Millionen Smartphones verkauft werden. Ich persönlich glaube, dass es deutlich mehr sein werden. Ich bin auch überzeugt davon, dass wir erst am Anfang stehen und dass sich das dynamische Wachstum in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Wir sind mit Windows Phone 7 gerade in Deutschland bereits sehr erfolgreich im Markt und mit Nokia wird es noch mal einen zusätzlichen Schub geben.

Viele Jahre war Microsoft mit seiner Software die unangefochtene Nummer eins. Wie fühlt es sich an, bei Smartphones und Tablet-Computern nur ein kleiner Spieler zu sein?

Wir adressieren mit unserem Portfolio das gesamte tägliche Leben der Menschen im Privaten wie im Beruf: mit dem Smartphone, mit Rechnern für zu Hause oder unterwegs, mit Rechnern zum Spielen, zum Surfen oder zum Arbeiten. Auf der Cebit werden wir mit acht unterschiedlichen Windows-Tablet-PCs starten. Allerdings richten die sich an kommerzielle Anwender. Dort liegt unsere Stärke, und darauf werden wir uns zunächst konzentrieren.

Können Sie sich vorstellen, bei Tablets eine ähnliche Partnerschaft mit einem Hersteller einzugehen wie bei den Smartphones?

Von einer solchen Idee weiß ich nichts. Fakt ist, dass sich bereits vor Jahren Hersteller wie HTC, Samsung, LG oder Dell entschieden haben, unser Betriebssystem zu nutzen. Auf der Cebit werden wir Tablets in sehr unterschiedlichen Ausprägungen zeigen. Anders als Sie das vielleicht von der Konkurrenz kennen, gibt es da Geräte mit USB-Anschluss, mit einer Kamera, die funktioniert, und solche, an die man auch eine Tastatur oder einen Drucker anschließen kann. Es gibt also eine große Auswahl.

Das wichtigste Thema auf der Cebit wird Cloud Computing sein. Cloud, zu Deutsch Wolke, was ist das genau?

Das sind Dienstleistungen, die über das Internet zur Verfügung gestellt werden. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie Software etwa für E-Mails oder Büroanwendungen, die sie bisher kaufen mussten, künftig als Service aus dem Netz beziehen können. Bezahlt wird pro Monat oder pro Nutzer. So lassen sich nicht nur die Kosten senken, sondern auch das Innovationstempo und die Flexibilität steigern. Für Privatleute bedeutet die Cloud vor allem, dass sie ihre gewohnten Dienste auf allen erdenklichen Geräten nutzen und zum Beispiel die Spiele von der X-Box-über X-Box Live auch auf dem Smartphone spielen können. Smartphones werden übrigens mehr zum Spielen als zum Telefonieren benutzt.

Wenn die Cloud bedeutet, dass Unternehmen Kosten reduzieren und nur noch für das bezahlen, was sie wirklich brauchen, sinkt dann nicht Ihr Umsatz?

Die Optimierung der Kosten ist die eine Seite. Die andere Seite ist aber, dass sich Innovationen schneller realisieren lassen. Ich diskutiere zum Beispiel mit Kunden die Möglichkeiten von Video-Konferenzen. Früher war das eine enorme Investition. Wir können das jetzt als einen Service anbieten, ohne dass das Unternehmen dafür in Hard- und Software investieren muss. Sie nehmen das Produkt einfach dazu. Wir sehen immer öfter, dass die Kunden sich spontan für ein zusätzliches Produkt entscheiden.

Über Cloud-Computing wird schon so lange diskutiert....

Ja, aber jetzt ist das Thema in den Unternehmen angekommen. 2009 haben sich 80 Prozent aller IT-Verantwortlichen in den Unternehmen noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt. Das haben die Marktforscher von IDC in einer Umfrage für uns ermittelt. 2011 haben nur noch 15 Prozent keinen entsprechenden Plan. 2009 gaben nur sieben Prozent der Entscheider an, Cloud Services in den nächsten ein bis zwei Jahr einzuführen. Heute sind es ein Drittel. Und 13 Prozent nutzen bereits Cloud-Services.

Wie überzeugen Sie die Unternehmen davon, dass ihre Daten in der Cloud wirklich sicher sind?

Natürlich halten wir uns an alle gesetzlichen Regelungen zur Datenspeicherung und zum Datenschutz. Aber vor allem überzeugen wir durch die Art und Weise, wie wir unsere Rechenzentren gestalten. Wir bieten deutlich höhere Sicherheits- und Verfügbarkeitsstandards, als viele Unternehmen es in ihren eigenen Rechenzentren können. Wenn Sie sehen, wie in unserem Rechenzentrum in Dublin die Ausfallsicherheitsmechanismen funktionieren mit separater Stromversorgung, Zugriffsschutz, doppeltem Kühlsystem, Daten- und Netz-Backup-Systemen, dann wird schnell klar, dass viele Unternehmen mit ihren Ressourcen gar nicht die Chance haben, so etwas darzustellen.

Alle Daten in der Cloud zu haben, ist also sicherer, als sie im eigenen Haus zu haben?

Denken Sie nur zum Beispiel an das Landratsamt von Bad Hersfeld. Dort haben Einbrecher im Januar mehrere Server aus dem Rechenzentrum gestohlen. Die Verwaltung war danach für eine Woche lahmgelegt.

Viele Firmen haben dennoch Angst, dass ihre Daten im Ausland gespeichert werden und niemand weiß, wer Zugang hat.

Wir haben hier zwei Rechenzentren: in Dublin und in Amsterdam. Damit stellen wir sicher, dass die Daten in Europa gespeichert werden und den strengen Datenschutznormen entsprechen.

Microsoft wird auf der Cebit groß vertreten sein. Andere Firmen nutzen inzwischen andere Messen, um ihre Neuheiten vorzustellen. Ist die Cebit noch das wichtige Schaufenster der Branche?

Ich bin Cebit-Veteran und Cebit-Fan. Mit ihrer klaren Struktur spricht die Messe sehr genau die unterschiedlichen Zielgruppen an. Wir selbst haben zum Beispiel unsere Ausstellungsfläche für die Verbraucher verdoppelt. Und bei den Geschäftskunden gibt es in Europa ein großes Klientel, das froh ist, neben den Spezialmessen eine Veranstaltung zu haben, auf der sie vom PC über die Software bis zum Rechenzentrum all ihre Fragen zur IT beantwortet bekommen.

Noch ein Blick in die Zukunft: Was werden wir auf den kommenden Messen sehen?

Die nächste Revolution findet in der Art statt, wie wir den Computer bedienen. Auch hier wachsen die Welten zusammen. Spielekonsolen können sie bereits heute über ihre Bewegungen und Gesten steuern. Künftig können wir auch Smartphones, Tablets oder den Rechner am Arbeitsplatz über Mimik, Gestik, Sprache oder Berührung bedienen. Und wir sind die Einzigen, die in der Lage sind, all das zusammenzubringen.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

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