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Wirtschaft: Microsoft: Hart, aber ungerecht - Nach dem US-Urteil wird der Konzern in zwei Teile zerschlagen - aber das nutzt nichts (Kommentar)

Falsus in uno, falsus in omnibus. Dieser lateinische Satz wird in die Geschichte der New Economy eingehen.

Falsus in uno, falsus in omnibus. Dieser lateinische Satz wird in die Geschichte der New Economy eingehen. Richter Thomas Penfield Jackson sprach ihn bei der Verkündung des Urteils im Microsoft Prozess. Auch der Prozess selbst, das weiß man jetzt schon, wird in die Rechts- und Wirtschaftsgeschichte eingehen. Und Bibliotheken von Dissertationen werden geschrieben werden über die Frage, ob der Richter weise geurteilt hat. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, würde vielleicht ein deutscher Jurist den Lateiner Jackson übersetzen. Man müsse wähnen, dass das Unternehmen auch künftig Wettbewerber austricksen werde.

So hart hat selten die Justiz in einem Wirtschaftsprozess geurteilt. Bei Richter Jackson wurde die amerikanische Öffentlichkeit auch deshalb überrascht, weil man dem konservativen Republikaner Wirtschaftsfreundlichkeit, aber keinesfalls eine harte Aburteilung zugetraut hat. Größere Geschmeidigkeit von Microsoft hätte auch beim Richter größeres Entgegenkommen ausgelöst, so wird jetzt gesagt. Jetzt aber soll das Unternehmen in zwei Teile zerschlagen werden: Eines darf Windows verkaufen, das andere kann Anwendungen - wie Word oder Excel - an den Kunden bringen.

Ist das Urteil richtig und gerecht? So lautet die eine Frage. Wird die Zerschlagung das erreichen, was sie bezweckt? So lautet die zweite Frage. Beide Male kann man mit Fug und guten Gründen Nein sagen. Und man hat gewichtige Zeugen auf seiner Seite. Wettbewerb ist möglich; Monopole und Kartelle gehören sich nicht. So lautet das Axiom einer jeden Marktwirtschaft, der es um die Souveränität des Konsumenten zu tun ist. Im Fall Microsoft aber lassen sich Argumente dafür anführen, dass technischer Fortschritt und unternehmerischer Einfall letztlich die besseren Herausforderer des Monopolisten Bill Gates wären.

Der Altmeister der Wirtschaftswissenschaften, Paul A. Samuelson, hat jüngst darüber räsoniert, wie sich wohl sein Lehrer Joseph Schumpeter im Microsoft-Verfahren verhalten hätte. Samuelson gab sich ganz und gar sicher, dass Schumpeter auf der Seite von Bill Gates gestanden hätte. "So geht man nicht mit intellektuellem Eigentum um, nur weil sich eine Idee auch als wirtschaftlich erfolgreich durchgesetzt hat", sagt Gates. Das ist ein auch theoretisch zu beherzigendes Argument: Monopole, die aufgrund einer technologischen Revolution zustande kommen, werden besser vom Wettbewerb und nicht vom Kadi herausgefordert. Jedenfalls kann man durchaus geteilter Meinung sein, ob Microsoft den Marktzutritt von Netscape, Linux und wie sie alle heißen, tatsächlich behindert.

Entschieden falsch sind auf jeden Fall jene Beispiele, die jetzt immer als Vorläufer zum Vergleich herbeigeführt werden. Der Monopolist John D. Rockefeller, dem Amerika ungewollt sein Kartellgesetz (Sherman Act) verdankt, kontrollierte 90 Prozent des Ölgeschäftes. Rockefeller konnte den Hahn auf- und zumachen wie er wollte und die Preise diktieren. Bill Gates kann das nicht. Ähnlich hinkend ist der Vergleich zur Zerschlagung von Mother-Bell AT&T, dem Telefonmonopolisten. AT&T war ein ein staatliches, Microsoft ist ein privates Monopol. Das eine Mal verdankt die Stellung sich staatlichem Ausnahmeschutz, das andere Mal unternehmerischer und technischer Idee. Das sollte wohl einen kleinen Unterschied in der Behandlung ausmachen.

Doch selbst jene, die Strafe fordern, sind skeptisch, ob der Richter das richtige Strafmaß gewählt hat. Wenn es dumm läuft, dann könnte die Zerschlagung von Microsoft in zwei Teile dazu führen, dass alles noch schlimmer wird. Womöglich entstehen jetzt erst recht zwei Monopole, wo der eine vom anderen profitiert - zu Lasten des Kunden. Wenn schon, wäre es konsequent gewesen, das Unternehmen gleich in vier Stücke zu zerteilen: Drei, die alle zugleich mit Windows arbeiten, und einen Anwender. Nur so wäre man sicher, dass Wettbewerb wirklich wird.

Rainer Hank

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