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Wirtschaft: Middelhoff ruft die Wende bei Karstadt-Quelle aus

Der Essener Handelskonzern macht trotz sinkender Umsätze erstmals wieder Gewinn – der Versandhandel bleibt ein Problem

Essen Das Sanierungsprogramm bei Karstadt-Quelle zahlt sich aus: Ein Jahr, nachdem der Essener Handelskonzern in die schwerste Krise seiner Geschichte geriet, ist die Rückkehr in die schwarzen Zahlen gelungen. Im dritten Quartal verzeichnete Karstadt-Quelle erstmals wieder unterm Strich einen Gewinn von 18 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch einen Rekordverlust von 1,2 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Börse feierte die Zahlen: Die im M-Dax notierte Aktie stieg um mehr als zehn Prozent auf 10,72 Euro.

Wie Vorstandschef Thomas Middelhoff am Donnerstag in Essen berichtete, seien die größten Hürden der Sanierung genommen. „Karstadt-Quelle liegt mit vier der fünf Kerngeschäfte im oder über dem Plan“, sagte er. Zum Kerngeschäft gehören die 90 Waren- und 32 Sporthäuser, das Reisegeschäft (der Konzern hält 50 Prozent an dem Tourismusunternehmen Thomas Cook ), der Immobilien- und Dienstleistungsbereich sowie die Problemsparte Versandhandel mit den Marken Quelle und Neckermann. Hier musste der Konzern erneut hohe Einbußen wegstecken: Der Umsatz sank um 8,6 Prozent auf 1,52 Milliarden.

Seit Sommer arbeitet Finanzvorstand Harald Pinger bereits an einem Sanierungskonzept für den Versandhandel. Um einen weiteren Stellenabbau wird er dabei wohl nicht herumkommen. Wie Pinger Quelle und Neckermann wieder auf Kurs bringen will, darüber sollen die rund 26400 Mitarbeiter Ende November auf Betriebsversammlungen informiert werden.

Wesentlich erfolgreicher ist das Geschäft in den Waren- und Sporthäusern verlaufen. Mit einem Quartalsumsatz von rund einer Milliarde Euro machten sie nur ein Minus von 3,4 Prozent. Damit schnitten sie deutlich besser ab als ihr Konkurrent Kaufhof, der zum Metro-Konzern gehört. Denn die Kaufhoffilialen verzeichneten im dritten Quartal ein Nettoumsatzminus von 7,8 Prozent. „Wir haben den Konzern wieder unter Kontrolle gebracht“, sagte Middelhoff. Die Zahl der Mitarbeiter sei um 25000 reduziert, der Gewinn sei gesteigert und die Schulden deutlich verringert worden. Der Vorstand müht sich weiterhin um eine bessere Finanzstruktur. So denkt Finanzchef Pinger daran, Teile der Karstadt Hypothekenbank an den eigenen Pensionsfonds CTA zu verkaufen. Zudem will er sich einen so genannten nachrangigen Kredit über 300 Millionen Euro am Kapitalmarkt beschaffen.

Der Karstadt- Konzern drückt gleichzeitig durch Verkäufe von Firmenteilen die Nettoverschuldung. Seit Jahresbeginn sank sie von 5,2 auf 4,4 Milliarden Euro, bis Ende Dezember soll sie auf 3,3 Milliarden Euro fallen. Der Verkauf des Ratenkreditgeschäfts sowie der Hypothekenbank soll zusätzlich bis Mitte 2006 1,3 Milliarden Euro in die Kasse bringen.

Vorstandschef Middelhoff machte am Donnerstag deutlich, dass er für mögliche Rückübertragungsansprüche der Wertheim-Erben keine Rückstellungen in die Bilanz aufnehmen werde. Die Jewish Claims Conference (JCC), Rechtsnachfolgerin der enteigneten jüdischen Kaufmannsfamilie, fordert vom Essener Konzern die Herausgabe des Verkaufserlöses für Grundstücke am Berliner Lenné-Dreieck, die Karstadt-Quelle im April 2000 für 145 Millionen Euro an Metro-Gründer Otto Beisheim abgab.

Für bilanzielle Vorsorge, die Karstadts ohnehin dünne Eigenkapitaldecke zusätzlich strapazieren würde, sieht Middelhoff keine Veranlassung. „Es sind noch gar keine Ansprüche angemeldet worden“, sagte er. Außerdem unterscheide sich der Fall des Lenné-Dreiecks deutlich von den übrigen Rückübertragungsansprüchen, in denen die Gerichte bislang stets den Wertheim-Erben Recht gaben.

Beim Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen sieht man das anders. „Wir haben die Absicht, in einem offiziellen Bescheid die JCC zum Eigentümer der umstrittenen Lenné-Grundstücke zu erklären“, sagte eine Sprecherin. Das Land Berlin werde in den nächsten Monaten seinen alten Bescheid aufheben, nach dem Karstadt zunächst zum Eigentümer des Grundstücks erklärt worden sei. „Die Rückübertragung an die ehemaligen Besitzer ist ausgeschlossen“, sagte die Sprecherin, „die JCC erhält damit aber Anspruch auf den Verkaufserlös.“ cs (HB)/dro

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