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Wirtschaft: Mieses Wetter – schlechte Geschäfte

Deutsche Ferienregionen leiden unter verregnetem Sommer / Selbst die Stammgäste bleiben aus

Berlin – Das schlechte Sommerwetter hat der Touristikbranche in Deutschland schwer geschadet. Gastwirtschaften, die von der Außenbewirtung leben, verzeichnen ein Minus von bis zu 70 Prozent, berichtet Marc Schnerr, Sprecher des deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). „Für einige Biergärten geht es an die Existenzgrenze. Dieser Sommer ist eine Heimsuchung.“

Auch die Vermieter von Ferienwohnungen und Zimmern leiden unter dem wechselhaften Wetter. Sie hatten im Juni bis zu 25 Prozent weniger Übernachtungen. Das ergab eine Umfrage des Tagesspiegel bei den regionalen Branchenverbänden. Betroffen sind die Insel Usedom genauso wie Oberstdorf im Allgäu.

Hinzu kommt, dass die Urlauber immer kurzfristiger buchen. Jeder vierte Urlauber entschließt sich erst in letzter Minute – und macht seine Entscheidung vom Wetter abhängig. „Nur wenige Berliner sind bei dem schlechten Wetter übers Wochenende nach Usedom gefahren“, klagt beispielsweise Jana Maiwirt vom Hotel- und Gaststättenverband in Mecklenburg-Vorpommern. Das schlägt sich in den Zahlen nieder. Im vergangenen Juli lag die durchschnittliche Auslastung der 164000 Betten in der Region noch bei 66 Prozent – derzeit sind es magere 50 Prozent. Im Vorjahresvergleich ist die Zahl der Übernachtungen im Juni und Juli um 25 Prozent eingebrochen.

Die leer bleibenden Zimmer bedrohen viele Vermieter in ihrer Existenz. „Die Rücklagen reichen bei einigen Betrieben nicht aus, um eine längere finanzielle Durststrecke zu überwinden“, sagt Angela Preuß von der IHK in Schwerin. Und für den Rest des Jahres erwartet die Touristikexpertin keine tiefgreifende Änderung. Zumal die Branche ihr Geld vor allem in den Sommermonaten verdient.

Im Bundesland Brandenburg gingen die Übernachtungen im Juni und Juli um bis zu zehn Prozent zurück. Schlimmer ist die Lage in Bayern und Schleswig-Holstein. Dort klagen die Vermieter über ein Minus von bis zu 20 Prozent. „Sogar Leute, die Eigentumswohnungen haben, sind nicht gekommen und lieber nach Ibiza gefahren“, sagt Peter Bartsch, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes in Schleswig-Holstein. In Kampen auf der Insel Sylt sind vier von fünf Urlaubern Stammgäste. Doch selbst die sagten in diesem Jahr oftmals ihren Sommerurlaub an der Nordsee kurzfristig ab.

Auch der Strand in Warnemünde an der Ostsee war im Juni an manchen Tagen ungewohnt leer. Es regnete, die Temperatur des Wassers lag gerade mal bei 13 Grad. „In unseren Zimmern war fast täglich die Heizung an. Das gab es noch nie“, sagt Christine Buchta vom Strand-Hotel Hübner. Die Zahl der Übernachtungen liege zweistellig hinter dem Vorjahr. Das sei nicht mehr aufzuholen.

Doch nicht nur das schlechte Wetter, sorgt für unbenutzte Betten. In Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Baden-Württemberg haben die Schüler fast zeitgleich zwischen Ende Juli und Anfang September Ferien. „Im Früh- und Spätsommer bleiben die Betten leer, die im August dreifach belegt werden könnten“, klagt Christian Ehlers, Präsident des Bundesverbands der Hotel- und Gaststättenbetreiber.

Der miese Sommer treibt auch die Gastwirte in die Krise. Bei Regen bleiben die Biergärten leer, es wird nichts getrunken, nichts gegessen. Vielen Gaststätten, die den Großteil ihres Geschäfts im Freien machen, drohen deshalb ernsthafte wirtschaftliche Probleme. Der Umsatz betrage in den schlimmsten Fällen nur ein Fünftel des Vorjahres, berichtet Peter Bartsch vom Gaststättenverband in Schleswig-Holstein. „Bis zu zehn Prozent der Gaststätten werden den Sommer finanziell wohl nicht überleben.“ Auch in Brandenburg ist der Umsatz der Gastronomen um ein Drittel eingebrochen. Die Lokale bleiben in diesem Sommer leer, da sind selbst die Bayern keine Ausnahme. „Die Biergärten und Eiscafés melden Umsatzeinbußen von bis zu 70 Prozent“, sagt Frank-Ulrich John vom bayerischen Hotel- und Gaststättenverband.

Das schlechte Wetter ist nicht allein schuld an der miesen Lage der Gaststätten. Selbst im Jahrhundertsommer 2003 setzten die Gaststätten bundesweit mit 33 Milliarden Euro sechs Prozent weniger um. „Die Menschen haben einfach weniger Geld und geben deshalb auch weniger aus“, heißt es beim Branchenverband.

Gerald Drissner

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