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Bisher galt: Geraten Mieter mit ihrer Mietzahlung zwei Monate in Rückstand, kann ihnen der Vermieter fristlos kündigen. Das ist jetzt anders.

© imago/Peter Homann

Update

Mieter, Arbeitnehmer, Eltern, Kreditnehmer: So hilft der Staat den Bürgern in der Krise

Kündigungsschutz, Kurzarbeitergeld, Kinderzuschlag, Kredite: Was Sie jetzt in der Coronakrise wissen müssen.

Viele Geschäfte sind geschlossen, Schulen und Kitas sind zu, Menschen arbeiten von zu Hause oder machen eine jobbedingte Zwangspause, weil ihr Arbeitgeber den Betrieb eingestellt hat.

Für Menschen mit kleinen Einkommen wird es jetzt finanziell eng. Mit zahlreichen Vorschriften versucht die Politik, Arbeitnehmern, Eltern, Mietern, Kreditnehmern, Strom- und Telekommunikationskunden zu helfen. Hier ein Überblick:

Arbeitnehmer: Kurzarbeitergeld

Die Bundesregierung will eine Massenarbeitslosigkeit vermeiden und ermöglicht daher wie in der Finanzkrise 2008/2009 Kurzarbeit. Sind zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen, zahlt die Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent des Lohns als Kurzarbeitergeld, bei Menschen mit Kindern sind es 67 Prozent. Die Unternehmen bekommen die Sozialbeiträge erstattet. In einigen Branchen gibt es Tarifverträge, die eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf fast 100 Prozent vorsehen. Die Gewerkschaften hatten darauf gedrängt, dass die Politik in den Branchen, in denen es keine tarifliche Lösung, die Unterstützung aufstockt.

Das soll jetzt geschehen. Für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit um mindestens die Hälfte reduziert worden ist, soll das Kurzarbeitergeld ab dem vierten Monat des Bezugs auf 70 Prozent (Eltern: 77 Prozent) und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent (Eltern: 87 Prozent) steigen, haben die Koalitionäre beschlossen. Die Regelung soll bis Jahresende befristet sein.

Arbeitslose: leichter an die Grundsicherung

Die Koalitionäre haben sich auch darauf verständigt, das Arbeitslosengeld I drei Monate länger zu zahlen. Derzeit gibt es im Normalfall zwölf Monate lang Geld, für über 50-Jährige maximal 24 Monate. Jetzt soll gelten: Wenn der Anspruch zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember enden würde, soll die Bezugsdauer um drei Monate verlängert werden.

Auch Menschen, die arbeitslos sind und Grundsicherung beantragen, bekommen vorübergehend leichter Geld.

Wer zwischen dem 1. März und dem 30. Juni einen Antrag stellt, muss für die ersten sechs Monate nicht mit einer Vermögensüberprüfung rechnen, falls er erklärt, nicht über relevantes Vermögen zu verfügen.

Für das erste halbe Jahr Hartz IV sollen zudem die Ausgaben für Miete und Heizung in voller Höhe anerkannt werden.

Eltern: Hilfe bei der Kinderbetreuung

Geschlossene Schulen und Kitas stellen Eltern vor Probleme. Wenn sie ihre Kinder daheim betreuen müssen, zahlt der Staat für (zunächst) sechs Wochen 67 Prozent des Lohns weiter. Voraussetzung: Die Kinder sind jünger als zwölf. Arbeitnehmer müssen sich an den Arbeitgeber wenden, der sich dann seinerseits das Geld vom Staat holt. Pro Monat gibt es maximal 2016 Euro. Und: Für die Zeit der Schulferien gilt dieses Angebot nicht.
Und es gibt noch ein weiteres Hilfsangebot: Einkommensschwache Eltern erhalten jetzt leichter den Kinderzuschlag. Er beträgt bis zu 185 Euro im Monat und hängt vom Einkommen ab. Während dafür normalerweise die letzten sechs Monate berücksichtigt werden, wird in der Coronakrise nur das Einkommen des letzten Monats herangezogen. Infos gibt es hier.

Auch beim Elterngeld will der Bund den Eltern entgegenkommen. Eltern, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten, können ihre Elterngeldmonate aufschieben. Das heißt: Ist es ihnen nicht möglich, ihre Elterngeldmonate zwischen dem 1. März und 31. Dezember 2020 zu nehmen, können sie diese nehmen, wenn die Situation gemeistert ist, spätestens zum Juni 2021, hat das Bundeskabinett beschlossen.

Der Partnerschaftsbonus bleibt bestehen, auch wenn ein Elternteil infolge der aktuellen Situation mehr oder weniger arbeitet als geplant. Der Bonus ist eine zusätzliche Leistung, die an Mütter und Väter ausgezahlt wird, die beide in Teilzeit arbeiten und sich gemeinsam um die Kindererziehung kümmern.

Familien und werdende Eltern, die infolge der Corona-Maßnahmen Einkommensverluste verzeichnen, sollen keinen Nachteil haben. Das bedeutet: Die Zeiten mit verringertem Einkommen reduzieren das Elterngeld nicht und haben bei einem weiteren Kind auch keinen negativen Einfluss auf die Höhe des Elterngeldes.

Zeit für Kinder: Der Staat hilft finanziell.
Zeit für Kinder: Der Staat hilft finanziell.

© dpa-tmn

Kreditnehmer: Raten werden gestundet

Verbraucher, die ihren Kredit aufgrund der Coronakrise nicht bedienen können, bekommen einen Zahlungsaufschub. Zahlungsverpflichtungen bis zum 30. Juni werden gesetzlich um drei Monate gestundet. Damit die Schuldner später nicht mit doppelten Raten belastet werden, wird der Vertrag um drei Monate verlängert. Die Regelung kann über den 30. Juni hinaus verlängert werden. Banken und Sparkassen bieten die Stundung ab dem 1. April für Darlehensverträge an, die vor dem 15. März abgeschlossen worden sind, teilte die Deutsche Kreditwirtschaft mit. Die Stundung gelte für Verbraucher, die durch die Pandemie „unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten“ und betreffe Rückzahlungen, Zinsen oder Tilgungen von April bis Juni.

Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kritisiert die gesetzlichen Anforderungen. „Nach der Gesetzesbegründung ist vom Darlehensnehmer zu beweisen, dass er aufgrund der Pandemie Einnahmeausfälle hat. Dazu muss der Darlehensnehmer auch noch beweisen, dass diese Einnahmeausfälle ihn und seine Unterhaltsberechtigten in ihrem Lebensunterhalt gefährden“, betont der Verbraucherschützer. Was die Sache weiter verkompliziert: Die Schwelle der relevanten Einnahmeminderung soll vom individuellen Einzelfall abhängen. Der Verbraucher muss Nachweise erbringen.

Ratenkredite: Fehlt wegen der Coronakrise das Geld für die Rückzahlung, werden die Raten vorübergehend gestundet.
Ratenkredite: Fehlt wegen der Coronakrise das Geld für die Rückzahlung, werden die Raten vorübergehend gestundet.

© dpa-tmn

Mieter: keine Kündigung wegen Mietrückständen

Bisher galt: Geraten Mieter mit ihrer Mietzahlung zwei Monate in Rückstand, kann ihnen der Vermieter fristlos kündigen. Das ist jetzt anders: Rutschen Mieter im Zuge der Corona-Pandemie in Zahlungsnot, dürfen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni nicht mehr zur Kündigung führen, haben Bundestag und Bundesrat beschlossen.
Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund rät Betroffenen, den Vermieter sofort zu informieren. Um zu dokumentieren, dass die Zahlungsprobleme mit der Covid-19-Pandemie zusammen hängen, sollten die Mieter entsprechende Verdienstbescheinigungen vorlegen.
Wichtig: Die Miete wird nicht geschenkt, sondern ist nur gestundet, der Vermieter darf Verzugszinsen erheben, was Mieterschützer falsch finden. Die Mieter haben bis Ende Juni 2022 Zeit für die Rückzahlung.

Die Regelung gilt auch für Gewerbemieter, die ihren Betrieb etwa aufgrund behörderlicher Auflagen schließen müssen. Der Kündigungsschutz kann – je nach Entwicklung – auch über den 30. Juni hinaus verlängert werden, betont das Bundesjustizministerium.

Kündigungsschutz: Auch Gewerbemieter sind erfasst.
Kündigungsschutz: Auch Gewerbemieter sind erfasst.

© imago images/Ralph Peters

Strom und Telekommunikation: Verträge laufen weiter

Der Berliner Senat hat beschlossen, dass Wohnungsräumungen derzeit ausgesetzt werden sollen. Gleiches soll für Zählersperren gelten, falls Menschen krisenbedingt die Zahlungen für Strom, Gas, Telekommunikation oder Wasser einstellen. Dass Energie- und Telekommunikationskunden weiter beliefert werden müssen, auch wenn sie nicht zahlen, ist allerdings auch Teil des bundesweiten Schutzschirms für Verbraucher und keine spezifische Berliner Regelung.

Was die Vermieter anbieten

Unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben kommen einige Vermieter in Krisenzeiten ihren Mietern entgegen. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ hat kürzlich verschickte Mieterhöhungen zurück genommen, auch Deutschlands größtes privates Wohnungsunternehmen Vonovia verzichtet auf Mieterhöhungen und Wohnungsräumungen. Vonovia hat in der Region Berlin-Brandenburg rund 40.000 Wohnungen. Mieter und Vermieter wünschen sich weitergehende Regeln von der Politik und machen sich für einen „Sicher-Wohnen-Fonds“ stark, der die Miete als Zuschuss oder zinsloses Darlehen übernehmen und an den Vermieter auszahlen soll. „Ohne finanzielle Unterstützung werden von der Krise gebeutelte Mieter, kleine Selbstständige, aber auch viele Gewerbetreibende nach der Pandemie den Rückstand nicht oder allenfalls teilweise ausgleichen können“, warnt Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten.

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