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Mehr Fairness auf dem Wohnungsmarkt - dazu soll die Mietpreisbremse in Berlin verhelfen. Hier Wohnhäuser in Berlin-Mitte.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Mietpreisbremse in Berlin: Gut, wenn einer bremst

Der Wohnungsmarkt am Sehnsuchtsort Berlin ist überfordert. Deshalb ist es kein Zufall, dass das Experiment Mietpreisbremse gerade in der Hauptstadt startet. Dass sie den Wohnungsbau abwürgt, ist ein Ammenmärchen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Bremsen sind eine nützliche Sache. Sie greifen ein, wenn das Tempo zu rasant wird und Gefahr droht. Ohne Bremsen wäre das Leben lebensgefährlich. Bremser hingegen haben kein gutes Image. Sie gelten als altmodisch, rückständig, als Bedenkenträger.

Was gilt nun im Fall von Bundesjustizminister Heiko Maas? Für seine Mietpreisbremse wird der Sozialdemokrat von Mieterschützern gefeiert, weil er verhindert, dass die Mieten weiter so schnell steigen wie bisher. In den Augen der Vermieter ist Maas dagegen ein Bremser. Weil die Preisbremse Mietaufschläge begrenzt, wenn der alte Mieter auszieht und ein neuer kommt, bringen Immobilien künftig geringere Erträge. Das, so heißt es, würde den Bau neuer Wohnungen drosseln und die Misere nur noch verschärfen. Die Vermieter kämpfen derzeit gegen eine wichtige Säule der Mietpreisbremse, den Mietspiegel, der den Rahmen für die erlaubten Mietsteigerungen vorgibt. Es ist ein Freiheitskampf in eigener Sache, der aber auch all denen dienen soll, die neu in die Stadt kommen und eine Bleibe suchen. Und das sind viele.

In Berlin tobt der Häuserkampf

Was Berlin auszeichnet, wird der Stadt zugleich zum Verhängnis: ihre Attraktivität. Alle wollen an die Spree. Studenten, Jungunternehmer, Rentner, die sich in der Provinz langweilen, und Familien, die gute Kitas oder Schulen für ihre Kinder suchen, Arme und Reiche, Junge und Alte. Berlin ist Sehnsuchtsort für jedermann. Um 40 000 Einwohner wächst die Stadt jedes Jahr. Der Wohnungsmarkt ist damit überfordert.

Es ist daher kein Zufall, dass das Experiment Mietpreisbremse gerade in Berlin startet. Berlin ist die einzige Stadt, in der die Mietpreisbremse von Anfang an gilt. Dem Senat war das wichtig. Denn in der Mieterstadt Berlin tobt der Häuserkampf, weil viele Wohnungen fehlen. Es ist daher gut, dass überall Kräne stehen und in großem Stil neu gebaut wird. Trotz der Mietpreisbremse. Denn: Für neu gebaute Objekte gilt sie genauso wenig wie für umfassend modernisierte Wohnungen. Dass die Preisbremse den Wohnungsbau abwürgt, ist daher ein Ammenmärchen.

Es bleibt noch Arbeit für Maas

Der Kampf um die Altbauten wird sich allerdings verschärfen. Die Mietpreisbremse schützt die Altmieter, die Fluktuation in den Kiezen wird abnehmen. Das ist politisch gewollt. Für Vermieter lohnt es sich nicht mehr, die alten Mieter mit ihren niedrigen Mieten aus den Verträgen herauszukaufen, um die Wohnungen wie bisher teuer weiterzuvermieten. Das Geschäft können die Mieter jetzt auf eigene Rechnung machen. Indem sie sich – wie im West-Berlin der Mauerzeiten – von Nachmietern schäbige Einbauküchen oder angegammelte Kleiderschränke für tausende Euro abkaufen lassen, um den Weg frei zu machen für den Neuen.

Mit dem neuen Gesetz ist für Maas die Arbeit daher noch lange nicht zu Ende. Das Umgehen der Mietpreisbremse, Betrügereien, Abzocke, von wem auch immer, muss er unterbinden. Zudem muss das Ministerium schleunigst die Grundlage für belastbare und gerichtsfeste Mietspiegel schaffen. Bis dahin sind Mieterschützer gut beraten, Lebenshilfe zu leisten und Portale anzulegen, in denen Neumieter nachlesen können, was ihr Vormieter wirklich bezahlt hat.

Von selbst regelt sich nichts. Dafür ist der Kampf ums Wohnen zu ernst. Für alle Beteiligten. Vor allem aber für die Mieter. Wohnen ist keine Ware. Explodierende Mieten entziehen den Menschen ihre Heimat. In Boomstädten wie Berlin wird das gern übersehen. Gut, wenn einer bremst.

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