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Jugendliche demonstrieren bei Fridays for Future im Berliner Invalidenpark.

© picture alliance/dpa

Millennials und Generation Z: Die Jugend misstraut Wirtschaft und Politik – und vertraut nur sich selbst

Privatpersonen können Probleme wie den Klimawandel besser lösen als Politiker oder Unternehmen, glauben viele Junge. An Firmen haben sie dennoch hohe Ansprüche.

Die Macht der Jugend musste Siemens erst vor wenigen Wochen am eigenen Leib erfahren. Weil das deutsche Unternehmen Signaltechnik für ein Kohleprojekt in Australien lieferte, landete es im Kreuzfeuer der Kritik von Fridays for Future. Das Krisenmanagement des Konzerns gipfelte darin, dass CEO Joe Kaeser der 23-jährigen Aktivistin Luisa Neubauer einen Posten in einem Siemens-Aufsichtsrat anbot.

Am Ende blieb nur leere Luft: Siemens beendete seine Teilnahme an dem Projekt nicht und Neubauer lehnte den Job ab. Doch der Fall zeigte, welchen Einfluss die Aktionen und Demonstrationen der zumeist jungen Aktivisten für Unternehmen haben können. Wie die Kunden, Arbeitskräfte und Wortführer von morgen auf Wirtschaft und Politik blicken, ist deshalb für Firmen von größter Bedeutung.

Genau das hat nun eine Studie "The Purpose Pulse" der drei unabhängigen Agenturen BRC, Purpose Union und Root Cause untersucht, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Die Agenturen befragten dafür knapp 2000 Millennials (zwischen 1981 und 1997 geboren) und Vertreter der Generation Z (zwischen 1998 und 2004 geboren) zu gesellschaftlichen Herausforderungen und Institutionen. Das Bild, das so entsteht, ist divers. Doch vor allem zeigt es einen eklatanten Vertrauensverlust in Wirtschaft und Politik.

Privatpersonen lösen die Probleme am besten

So glauben nur 32 Prozent der Befragte, dass Politiker in der Lage sind, die großen Herausforderungen der Gegenwart zu lösen. Dass Unternehmensführer das können, glauben nur 34 Prozent. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist hingegen groß. Die Hälfte der Befragten glaubt, dass "Privatpersonen, wie sie selbst" Einfluss auf die Probleme ihrer Generation haben können. Mehr Problemlösungskompetenz wird keiner anderen Personengruppe zugetraut.

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Wie sehr die Jugend dem eigenen Umfeld vertraut, zeigt auch eine andere Frage. Informationen dazu, was eine Marke in Bezug auf soziale und ökologische Themen tut, glauben demnach 58 Prozent der Befragten, wenn sie von Familienmitgliedern oder Freunden kommen. Informationen aus den sozialen Medien oder dem Unternehmen selbst wird hingegen mit Skepsis begegnet.

Klimawandel das drängendste Problem

Doch was sind denn eigentlich die drängendsten Probleme aus Sicht von Millennials und Generation Z? Laut der Studie ist es eindeutig der Klimawandel. 71 Prozent sehen die Erderwärmung als Herausforderung an. Mit 60 Prozent folgt auf dem zweiten Platz wirtschaftliche Ungleichheit und politische Instabilität.

Sonderlich optimistisch sind die Generationen dabei allerdings nicht. Auf die Frage, wie sie die Zukunft einschätzen, war die häufigste Antwort (53 Prozent) "besorgt". 51 Prozent waren allerdings gleichzeitig auch "hoffnungsvoll".

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Wie die Nachwuchskräfte sich engagieren, ist unterschiedlich. Über 40 Prozent der Befragten haben in den vergangenen 12 Monaten eine Petition unterschrieben, freiwillig gearbeitet und in den eigentlich so verachteten sozialen Medien einen Post zu einem Thema verfasst, das ihnen politisch wichtig ist.

Dabei fällt auf, dass die jüngere Generation Z aktiver ist. Das gilt auch für die Teilnahme bei Demonstrationen: Rund 35 Prozent der Generation-Z-Vertreter gaben an, im vergangenen Jahr an einer teilgenommen zu haben, bei den Millennials waren es rund 23 Prozent.

Purpose ist das Stichwort für Firmen

Von Unternehmen erwarten die Befragten, dass diese Werte berücksichtigt werden. Für weit über 60 Prozent der Befragten ist es wichtig, dass Firmen transparent sind, Visionen und Werte kommunizieren, soziale Ziele verfolgen und Maßnahmen gegen den Klimawandel verfolgen.

Mit ihren Botschaften, das zeigt die Umfrage deutlich, dringen Unternehmen dann besonders gut zu jungen Leuten durch, wenn sie entsprechende Themen setzen - oder Identifikationsfiguren für sich gewinnen, die für diese Inhalte stehen. Auch mit Blick auf künftige Arbeitgeber sagen mehr als die Hälfte der Befragten, dass es bei der Wahl des Jobs entscheidend ist, ob ein Unternehmen einen positiven sozialen Einfluss hat und öffentlich entsprechend Stellung bezieht.

Unter dem Stichwort "Purpose" (englisch für Absicht oder Zwecke) hat diese Einstellung zuletzt auch Eingang in die Kommunikationsstrategien der Konzerne erhalten. Eine Studie der Unternehmensberatung EY zeigte jüngst, dass 89 Prozent der befragten Führungskräfte in den USA finden, ein übergeordnetes Ziel, dem alle folgen, steigere die Mitarbeiterzufriedenheit. Auch eine Verbraucherumfrage der Managementberatung Accenture ergab, dass 62 Prozent der Kunden in den USA sich Unternehmen wünschen, die zu aktuellen Problemen wie Nachhaltigkeit Stellung beziehen.

"Die Formulierung klarer sozialer Ziele ist heute ein wesentlicher Bestandteil des Rufs eines Unternehmens", schreiben die drei Agenturen in ihrem Fazit der Studie. "Es beeinflusst die Kaufentscheidung der Verbraucher, die Wahl des Arbeitsplatzes und die Bereitschaft, einem Unternehmen zu vertrauen."

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