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Wirtschaft: Milliardenkosten durch Atomausstieg

MÜNCHEN (tmh).Der Ersatz der 19 deutschen Kernkraftwerke durch andere Anlagen kostet nach Berechnung der Siemens AG, München, rund 19 Mrd.

MÜNCHEN (tmh).Der Ersatz der 19 deutschen Kernkraftwerke durch andere Anlagen kostet nach Berechnung der Siemens AG, München, rund 19 Mrd.DM.Das seien die reinen Investitionen zum Bau neuer Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD), sagte ein Sprecher der Siemens-Energiesparte KWU auf Anfrage in Erlangen.Zum wahren Preis eines Atomausstiegs kämen die Kosten für die Stillegung bestehender Meiler und die höheren Betriebskosten bei Kraftwerken die fossile Energien verfeuern.Im eigenen Konzern sieht Siemens bei einem raschen Ausstieg 4500 Stellen in Gefahr, davon 3800 Mitarbeiter in Deutschland.Insgesamt sichere der Betrieb von Kernkraftwerken allein in Deutschland 40 000 Stellen in Wirtschaft, Forschung und Verwaltung.

Die Auswirkungen eines Atomausstiegs auf die eigenen Geschäfte beurteilt Siemens negativ.Direkt davon betroffen wären etwa eine Milliarde DM, die KWU jährlich im Inland mit Wartung, Modernisierung und Brennelementen umsetzt.Auch das Auslandsgeschäft, das eine weitere Milliarde DM Umsatz beisteuert, würde ohne nuklearen Heimatmarkt unter Druck kommen, fürchtet KWU.Siemens ist derzeit an der sicherheitstechnischen Nachrüstung osteuropäischer Nuklearanlagen beteiligt, baut einen neuen Block in Brasilien und hofft auf Neubauaufträge in der Türkei, China und Finnland.Zusammen mit Frankreichs Atomkonzern Framatome entwickeln die Münchner einen neuen Kernkraftwerkstyp mit dem Kürzel EPR.Der EPR wurde zuletzt mit Blick auf den Ersatz bestehender Atomanlagen in Frankreich und Deutschland sowie für den Export in Drittmärkte vorangetrieben.Technisch sei er spätestens im Jahr 2000 genehmigungsreif, erklärte ein KWU- Sprecher.Siemens hoffe, daß der EPR in den Bonner Ausstiegsplänen zumindest "als Option für die Zukunft" erhalten bleibe und vertraue dabei auf den "Pragmatismus" des kommenden Bundeskanzlers Gerhard Schröder.Inwiefern Siemens vom möglichen Neubau alternativer Kraftwerke in Deutschland profitieren könne, sei nicht absehbar.Wenn hierzulande die 23 000 Megawatt Leistung aus Kernkraftwerken künftig wegfallen, sei es "sehr wahrscheinlich", daß im Zuge der liberalisierten Strommärkte in Europa zumindest ein Teil dieser Menge aus Nachbarländern wie Frankreich importiert werde.Dort wird Strom vorwiegend in Kernkraftwerken erzeugt.Im fossilen Kraftwerksgeschäft seien die Renditen minimal, während das Nukleargeschäft "ganz vernünftige schwarze Zahlen" schreibe, merkte der KWU-Sprecher ferner an.Hinsichtlich der Investitionskosten wären Gas- und Dampfturbinenkraftwerk mit 800 DM je installierter Kilowattstunde die günstigste Lösung, rechnete er vor.Der Brennstoff Gas müsse importiert werden und könne bei massiver Umorientierung auf diese Technologie teurer werden.Kohlekraftwerke kosten in der Anschaffung das doppelte, der EPR-Reaktor 2500 bis 2800 DM je installierter Kilowattstunde.Bei GuD- und Kohleanlagen würden siebzig Prozent der Gesamtkosten auf den Betrieb entfallen.Bei Atommeilern sei das Verhältnis umgekehrt.Die technische Lebensdauer bestehender Kernkraftwerke liegt bei vierzig Jahren, wobei das jüngste knapp zehn Jahre alt sei, ergänzte der KWU-Sprecher.Ein fossiler Ersatz aller Anlagen würde die CO2

Produktion rechnerisch um 160 Millionen Tonnen steigen lassen.

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