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Wirtschaft: Millionen in Minuten

Vor der Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten haben Devisenhändler womöglich durch Insiderhandel profitiert

New York (pf). USArbeitsministerin Elaine Chao dementiert. Ihre Behörde habe die Arbeitsmarkt-Zahlen am vergangenen Freitag nicht zu früh veröffentlicht, sagte sie am Wochenende. Trotzdem gibt es Unruhe an der Wall Street: Händler vermuten, dass die wichtigen Konjunkturdaten einige Minuten vor der angekündigten Zeit veröffentlicht worden sein könnten. Ein Informationsvorsprung von nur wenigen Minuten kann an der Börse sehr viel Geld bedeuten. Das Arbeitsministerium in Washington hat nun eine interne Untersuchung eingeleitet.

Am Freitag sollten die Zahlen um 8.30 Uhr Ortszeit vom Arbeitsministerium in Washington veröffentlicht werden. Das ist eine Stunde vor Beginn des amtlichen Handels an der Wall Street in New York, damit sich die Marktteilnehmer darauf einstellen können. Nachrichtenagenturen erhalten die Zahlen etwas früher, weil sie Zeit brauchen, um sie zu redigieren. Die Nichteinhaltung der Sperrfrist verstößt gegen die Börsenregeln.

Doch auffällige Kursbewegungen am Freitag ließen Beobachter stutzig werden: Bereits um 8.28 Uhr begann der Dollar gegen Euro und Yen anzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt noch ohne ersichtlichen Anlass. Diejenigen, die möglicher Weise vorzeitig von den überraschend guten Arbeitsmarkt-Daten Kenntnis hatten, konnten viel Geld verdienen, indem sie am Finanzmarkt auf einen steigenden Dollar spekulierten. Dagegen vielen die Kurse der richtungsweisenden zehnjährigen US-Schatzanleihen – und das auch schon um 8.29 Uhr – um einen halben Punkt. Der Internet-Dienst Yahoo habe eine Reuters-Meldung zwei Minuten zu früh verbreitet, hieß es zunächst.

Die Brisanz des Vorgangs ergibt sich daraus, dass die Zahlen deutlich besser ausgefallen sind als erwartet. 308000 neue Jobs wurden im März geschaffen. Das war der größte Anstieg seit April 2000. Analysten hatten nicht mehr als 120000 neue Stellen erwartet. Die inflationsempfindlichen Schatzanleihen fielen im Kurs, weil der robuste Zuwachs Zinserhöhungen zur Folge haben könnte.

Ungewöhnliche Bewegungen waren auch am Terminmarkt zu beobachten. Die Chicago Board of Trade, der weltgrößte Terminmarkt, ermittelt nach Auskunft ihres Sprechers Alan Sobba. Das sei Routine, sagte er. Es käme selten vor, doch jedesmal, wenn wegen der Veröffentlichung von Informationen Fragen auftauchten, würde die Behörde aktiv. Routinemäßig wird bei suspekten Umsätzen auch die amerikanische Börsenaufsicht SEC aktiv.

Sobba sagte, Beamte der für den Terminhandel zuständigen Aufsichtsbehörde CFTC, des Justizministeriums und der SEC hätten das Arbeitsministerium über den Vorfall befragt. Von Reuters liegt inzwischen eine Erklärung vor. Der Eindruck der frühzeitigen Verbreitung sei durch einen falschen Zeitstempel entstanden, der über der von Yahoo verbreiteten Meldung stand. Tatsächlich sei die Nachricht um einen Bruchteil einer Sekunde nach 8.30 Uhr über den Ticker gelaufen. „Wir haben die Sperrfrist nicht gebrochen“, sagte eine Reuters-Sprecherin. Die Uhr in der Redaktion, die den Zeitstempel aufgedrückt habe, werde ausgewechselt.

„Reuters ist nicht verantwortlich“, bestätigte der Sprecher des Arbeitsministeriums, Gary Steinberg. „Es gibt keinen Beweis dafür, dass die Meldung frühzeitig durchgesickert ist. Uhren gehen manchmal falsch.“

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