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Einschnitt. Wegen verbotener Preisabsprachen hat das Bundeskartellamt Bußgelder in einer Gesamthöhe von rund 338 Millionen Euro gegen 21 Wursthersteller und zahlreiche Führungskräfte der Branche verhängt.

© dpa

Update

Millionenstrafe: Wursthersteller wehren sich gegen Bußgelder

Sie sollen jahrelang Preise für Wurst abgesprochen haben. Nun hat das Bundeskartellamt gegen 21 Wursthersteller und 33 Führungskräfte Bußgelder von insgesamt 338 Millionen Euro verhängt.

Millionen Verbraucher haben nach Ermittlungen des Bundeskartellamts jahrelang zu viel Geld für Wiener Würstchen, Aufschnitt, Schinken oder Leberwurst bezahlt. Dafür sollen die beteiligten Unternehmen nun büßen: Am Dienstag verhängte die Wettbewerbsbehörde gegen 21 Wursthersteller und 33 Führungskräfte Bußgelder in Höhe von insgesamt 338 Millionen Euro.

Betroffen sind auch bekannte Marken wie Meica, Herta, Böklunder, Rügenwalder oder Wiesenhof.

Das erste Treffen fand im Hotel Atlantic statt

„Die Preisabsprachen wurden über viele Jahre praktiziert“, erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Dienstag. Namhafte Wursthersteller seien seit Jahrzehnten im „Atlantic-Kreis“ zusammen gekommen, um über Preise und Marktentwicklungen zu diskutieren. Benannt wurde der Kreis nach dem ersten Treffpunkt - dem Hamburger Hotel Atlantic.

Seit dem Jahr 2003 habe es neben diesen Treffen auch noch konkrete Absprachen per Telefon zwischen verschiedenen Herstellern oder per Rundruf gegeben, um gemeinsam Preiserhöhungen gegenüber dem Handel durchzusetzen. Zwar hätten die Anbieter wegen der vielen verschiedenen Wurstsorten und unterschiedlichen Packungsgrößen keine konkreten Einzelpreise festlegen können, teilte das Kartellamt mit, sie hätten sich aber über Preisspannen für bestimmte Produktgruppen wie Brühwürstchen, Rohwurst oder Schinken verständigt.

Anonyme Hinweise haben die Ermittlungen ausgelöst

Auf das Wurstkartell war die Behörde bereits 2009 durch eine anonyme Anzeige aufmerksam geworden. Im Laufe der Ermittlungen kooperierten elf Unternehmen mit dem Kartellamt und legten Geständnisse ab, mit denen sie ihre Geldbußen verringern konnten.

Andere wollen sich gegen die Entscheidung des Kartellamts wehren, etwa die Versmolder Wurstfabrik Franz Wiltmann. "Wir sind entschlossen, vor Gericht zu gehen", sagte Geschäftsführer Wolfgang Ingold, dem Tagesspiegel. "Sowohl die Darstellung der Tatbestände als auch die rechtlichen Begründungen sind fehlerhaft", kritisierte Ingold, der auch Präsident des Bundesverbands der Deutschen Fleischwarenindustrie ist. Es sei richtig, dass einzelne Anbieter Preise abgesprochen hätten. Die Mehrheit der Firmen – darunter sein Unternehmen – habe das aber nicht getan.

Einige Hersteller wollen sich vor Gericht wehren

Auch Deutschlands größter Wursthersteller, die Zur-Mühlen-Gruppe mit den Marken Böklunder und Könecke, hat am Dienstag rechtliche Schritte gegen den Bußgeldbescheid angekündigt. Hinter der Gruppe steht der Teilhaber der Tönnies-Gruppe und Schalke-Funktionär Clemens Tönnies. Auch die westfälische Reinert-Gruppe, Co-Sponsor beim Fußballbundesligisten Schalke 04, kündigte Klage gegen den Bescheid vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf an.

85 Prozent der Bußgelder entfallen auf die Unternehmen, hinter denen große Konzerne stehen, berichtete das Kartellamt. Allein die Clemens-Tönnies-Gruppe soll nach Angaben aus informierten Kreisen mehr als 100 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Hohe Bußgelder sollen auch auf die Schweizer Bell-Gruppe (Zimbo) und die zum Nestlé-Konzern gehörende Herta GmbH entfallen. In anderen Fällen liege das Bußgeld dagegen nur bei wenigen Hundertausend Euro, hieß es in Bonn.

Ein Bußgeld-Rekordjahr beim Bundeskartellamt

Die hohen Strafen machen deutlich, dass es dem Kartellamt mit dem Kampf gegen Preisabsprachen ernst ist. In diesem Jahr hat die Behörde bereits fast eine Milliarde Euro an Bußgeldern verhängt – ein Rekord. Bislang war das Jahr 2003 mit Bußgeldern von rund 660 Millionen gegen das sogenannte Zementkartell Rekord-Bußgeldjahr.

Diese Summe wurde nun 2014 bereits überschritten. Im Februar hatte das Bundeskartellamt die drei größten Zuckerhersteller Südzucker, Nordzucker und Pfeifer&Langen wegen Preisabsprachen mit rund 280 Millionen Euro bestraft, ebenfalls in diesem Jahr hatten die Wettbewerbshüter gegen elf Brauereien – darunter Größen wie Bitburger, Krombacher, Warsteiner oder die Radeberger-Gruppe - Gelbußen von insgesamt fast 340 Millionen Euro wegen verbotener Preisabsprachen verhängt.

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