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Gutes Geld auf dem Dach: Die Tarifparteien haben sich auf einen Mindestlohn für Dachdecker von 12,90 Euro geeinigt.

© picture alliance / dpa

Mindestlohn: 6,7 Millionen Beschäftigte bekommen weniger

Das DIW hat ermittelt, dass der Mindestlohn oftmals nicht gezahlt wird. Vor allem dann nicht, wenn die tatsächliche Arbeitszeit berücksichtigt wird.

1,8 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland verdienen weniger als den gesetzlichen Mindestlohn, obwohl sie einen Anspruch darauf haben. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für das vergangene Jahr auf Basis eine Befragung von Arbeitnehmern ermittelt. Die amtliche Statistik dagegen befragt die Arbeitgeber und kommt „nur“ auf 1,1 Millionen Menschen, die weniger als die 2016 vorgesehenen 8,50 verdienten. Der gesetzliche Mindestlohn war von der großen Koalition zum 1. Januar 2015 eingeführt worden. Eine erste Erhöhung gab es dann zum 1. Januar dieses Jahres, und zwar um 34 Cent auf 8,84 Euro.

Minijobber im Osten sind am stärksten betroffen

„Offensichtlich wird das Mindestlohngesetz nicht in jedem Betrieb eins zu eins umgesetzt“, sagte die DIW-Autorin Alexandra Fedorets. Aus ihrer Sicht trickst ein Teil der Betriebe, etwa indem sie Bereitschaftszeiten nicht mehr bezahlen oder Kosten für Arbeitsmaterial vom Lohn abziehen. Besonders betroffen seien Minijobber, Beschäftigte in kleineren Firmen sowie ausländische Arbeitskräfte. Frauen sind stärker betroffen als Männer und Arbeitnehmer im Osten stärker als im Westen. Das DIW hatte die Beschäftigten in seiner Langzeitumfrage sozioökonomisches Panel auch nach ihrer tatsächlichen Arbeitszeit gefragt. Werden unbezahlte Überstunden beim Stundenlohn berücksichtigt, erhielten demnach sogar 2,6 Millionen Beschäftigte weniger als den Mindestlohn.

Selbstständige und Azubis haben keinen Anspruch

Keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben Selbstständige, Azubis und Beschäftigte in Branchen mit Übergangsfristen. Werden sie mitgezählt, erhalten 4,4 Millionen Erwerbstätige weniger als den Mindestlohn, hat das DIW ermittelte. Auf Basis der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit verdienten im Jahr 2016 sogar 6,7 Millionen weniger als 8,50 Euro die Stunde. Das wiederum sei ein Beleg für „die Existenz eines großen Niedrigeinkommensbereichs“, schreibt das Institut.

Das DIW fordert mehr Kontrollen

Insgesamt habe der gesetzliche Mindestlohn bedeutende Lohnsteigerungen gebracht, sagte Fedorets. „Jetzt muss alles daran gesetzt werden, dass der Mindestlohn tatsächlich alle erreicht, denen er laut Gesetz auch zusteht“, sagte die Wissenschaftlerin. Dabei gebe es „erheblichen Nachbesserungsbedarf“ bei der Dokumentation der Arbeitszeit und bei den Kontroll- und Sanktionsmechanismen. Kontrollen durch den Zoll würden nicht flächendeckend stattfinden, sondern nur dort, wo systematische Verstöße vermutet werden.

Mindestens 12,90 Euro für Dachdecker

Die Tarifparteien im Dachdeckerhandwerk haben sich auf einen Branchenmindestlohn geeinigt, der deutlich über dem gesetzlichen Stundenlohn liegt. Damit wollen sich die Dachdecker gegen Lohndumping aus dem Ausland schützen. 2018 gilt nun für gelernte Dachdecker ein Mindestlohn von 12,90 Euro. Betriebe aus dem Ausland setzten durch Entsendung von Beschäftigten zu Löhnen ihrer Heimat den Markt unter Druck. Die 12,90 Euro müssen auch für in Deutschland tätige Beschäftigte aus dem Ausland gezahlt werden. (mit dpa)

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