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Wirtschaft: Mineralölfirmen sollen Spritpreise senken

Autolobby und Verbraucherschützer appellieren an Konzerne/Öl nach Opec-Entscheidung billiger

Nach der von den Ölförderländern angekündigten Ausweitung der Förderquoten wächst der Druck auf die Mineralölkonzerne, die Benzinpreise zu senken. Gestützt wurde die Forderung nach Preisnachlässen von fallenden Ölnotierungen: Für ein Barrel der Nordsee-Referenzsorte Brent wurden am Freitag in London zu Handelsbeginn 36,10 Euro gezahlt – 30 Cent weniger als zum Vortagesschluss. Auch der Opec-Korbpreis lag erstmals seit Mitte Mai wieder unter der 36-Dollar-Marke. In New York fiel der Rohölpreis unter die Marke von 39 Dollar je Barrel (je 159 Liter). Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hatte am Donnerstag beschlossen, die offizielle Förderquote in zwei Schritten auf täglich 26 Millionen Barrel anzuheben.

„Nachdem die Opec ihren guten Willen demonstriert hat, sind jetzt die Mineralölkonzerne am Zug“, sagte Alfred Fuhr vom Automobilclub für Deutschland (AvD) dem Tagesspiegel. „Der Benzinpreis sollte deutlich gesenkt werden – um fünf bis sechs Cent je Liter.“ Eine Entspannung auf den Weltmärkten sei absehbar, die an der Tankstelle weitergegeben werden müsse. „Die Konzerne haben genug verdient“, sagte Fuhr. „Sinkende Preise würden das Vertrauen der Verbraucher wiederherstellen.“ Der ADAC hält eine Senkung der Benzinpreise „um ein bis zwei Cent“ für angebracht, wie Sprecher Maximilian Maurer dieser Zeitung sagte. Die Tankstellen hätten zuletzt trotz steigender Ölpreise die Preise schon leicht gesenkt. „Das zeigt aber, dass in den Preisen noch Luft war.“

Die Ölkonzerne interpretieren dies anders. „Die Preissenkung über Pfingsten zeigt, wie groß der Wettbewerbsdruck ist“, sagte Shell-Sprecher Rainer Winzenried. „Es gibt keinen Spielraum, um sich Filetstücke aus dem Markt zu schneiden.“ Hoffnungen auf preiswerteres Benzin machte der Shell-Sprecher nicht: „Die politische Lage bleibt zu unsicher.“ Die Erfahrung zeige aber, dass „Preisnachlässe auf dem Weltmarkt irgendwann auch auf Deutschland durchschlagen“.

Verbraucherschützer forderten die Tankstellenkonzerne zu schnellem Handeln auf: „Innerhalb einer Spanne von zehn Cent sind Preissenkungen jetzt möglich“, sagte Dieter Mäder von der Verbraucherzentrale Berlin. In der Hauptstadt, wo der Wettbewerb besonders hart sei, sei eine Rückkehr zu Preisen „um 1,09 Euro“ für den Liter Benzin möglich.

Der Ölpreis geriet am Freitag zusätzlich unter Druck, weil die Öl- und Benzinlagerbestände in den USA Berichten zufolge stärker als erwartet gestiegen sind. Massive Benzinkäufe der Amerikaner in Europa hatten zuletzt die Großhandelspreise am Rotterdamer Markt angeheizt. Die Konsequenz: Der Benzinpreis stieg stärker als der Rohölpreis.

„Sollten die Notierungen in Rotterdam jetzt nach unten drehen, können auch die Benzinpreise in Deutschland bald sinken“, sagte Rainer Wiek vom Hamburger Energie Informationsdienst. Die Preisschwankungen im Großhandel seien aber immer noch enorm. Als Folge habe es in diesem Jahr 90 Benzinpreisveränderungen an deutschen Tankstellen gegeben. Mit Blick auf die von den Ölkonzernen beeinflussbare Marge beim Benzinverkauf sagte Wiek, der Spielraum für Preissenkungen sei angesichts des scharfen Wettbewerbs der 16000 Tankstellen in Deutschland grundsätzlich sehr eng.

Die großen Konzerne seien aber von der Ölförderung über das Raffineriegeschäft bis zum Tankstellenbetrieb auf allen Wertschöpfungsstufen aktiv. „Und im Raffineriegeschäft lässt sich sehr gutes Geld verdienen“, sagte Wiek. Eine Versorgung konzerneigener Tankstellen mit billigem Sprit sei für die Ölfirmen aber kartellrechtlich ausgeschlossen. Die freien Anbieter – sie haben einen Marktanteil von gut 25 Prozent – würden dadurch benachteiligt, weil sie an keinen Konzern angeschlossen seien.

Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellen- und Garagengewerbes, wies die Vermutung zurück, die Tankstellen seien an hohen Preisen interessiert: „Wir bekommen eine preisunabhängige Provision von Benzinlieferanten.“ Je preiswerter der Treibstoff verkauft werden könne, desto höher falle die Nachfrage aus.

Auch Absprachen der Tankstellen, die die Spritpreise flächendeckend hoch halten, lassen sich nicht beweisen. „Wir haben derzeit keine Hinweise auf Preisabsprachen bei den Tankstellenkonzernen“, sagte Anja Scheidgen, Sprecherin des Bundeskartellamts, dem Tagesspiegel. Dass sich die Preise verschiedener Anbieter ähnlich entwickelten, sei „noch kein hinreichender Beleg“. Schließlich gebe es keine großen Qualitätsunterschiede, und die Preise seien „völlig transparent“. Deshalb könnten die Gesellschaften auch sehr schnell auf Änderungen bei ihren Konkurrenten reagieren.

Das Kartellamt hatte im Jahr 2000 versucht, gegen die Mineralölfirmen vorzugehen – allerdings wegen zu niedriger Preise. Die Behörde warf den Unternehmen vor, Benzin aus den eigenen Raffinerien billiger an eigene Tankstellen als an die Freien zu verkaufen. Das Kartellamt scheiterte jedoch vor Gericht.

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