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Wirtschaft: Ministerpräsident gegen Manager

Rüttgers gegen RAG-Chef Müller auf Spitzenposten

Düsseldorf/Essen - Die Sache war so brisant, dass die Beamten den Raum verlassen mussten. So bekamen sie nicht mehr mit, wie sich die Spitzenrunde im Berliner Bundeswirtschaftsministerium am vergangenen Donnerstagmittag bei der zentralen Frage verhakte: Wer soll künftig die Kohlestiftung in Essen führen – und damit den Börsengang des Kohleunternehmens RAG begleiten? Vor allem Jürgen Rüttgers (CDU) hatte bei diesem Tagesordnungspunkt erheblichen Gesprächsbedarf. Ohne die sonst bei ihm üblichen Einschränkungen machte der Düsseldorfer Ministerpräsident deutlich, dass er den RAG-Chef Werner Müller als Vorsitzenden der geplanten Stiftung abehnt.

Zwar erkennt er an, dass der Ex-Wirtschaftsminister den weißen Bereich der RAG, also die Chemie-, die Energie- und die Immobiliensparte, in kurzer Zeit gewinnträchtig aufgestellt hat. Auf dem Chefsessel der Stiftung will er ihn aber nicht sehen. „Das darf nicht politisch besetzt werden“, rief er in die Berliner Runde. Ohne Beamte hatten die Politiker versucht, den Weg für den Börsengang frei zu machen – doch das Vorhaben scheiterte an Rüttgers’ Einspruch.

Neben Rüttgers hatten noch sein saarländischer Amtskollege Peter Müller, die Berliner Minister Michel Glos und Peer Steinbrück sowie Hubertus Schmoldt, der Chef der Chemiegewerkschaft IG BCE, mit am Tisch gesessen. Sie hatten bis dahin über Details der Stiftungssatzung verhandelt, hier und da sogar Fortschritte erzielt. Der heutige RAG-Konzern soll in einen Bereich mit der Kohle (schwarzer Bereich) und einen mit den übrigen Aktivitäten (weißer Bereich) zerlegt werden, beides wird über eine Stiftung geführt. Diese Stiftung bringt anschließend den weißen Bereich an die Börse, aus den geschätzten Erlösen in der Größenordnung von fünf Milliarden Euro wird das Stiftungskapital geschaffen.

Die Promotoren dieser Idee hoffen, dass sich das Kapital bis 2018 so vergrößert haben wird, dass man daraus die Altlasten der Kohleförderung bezahlen kann – wenn der Bergbau eingestellt wird.

Rüttgers hat mit der Konstruktion vor allem ein politisches Problem. Werner Müller ist ihm unangenehm aufgefallen, weil der im letzten Landtagswahlkampf offen Stellung gegen ihn und seine Kohlepolitik bezogen hat. Im Frühjahr, bei den Gesprächen über den Kohleausstieg, hatte man sich zwar zusammengerauft und beschlossen, 2018 die Förderung einzustellen und für die RAG das Stiftungsmodell einzuführen. Rüttgers hat aber wieder verägert, dass sich Müller für die Leitung der Stiftung selbst ins Spiel gebracht hat. Der NRW-Regierungschef fürchtet den Einfluss Müllers und sieht politische Gefahren für ihn im Ruhrgebiet. Denn neben Müller wird künftig auch noch Jürgen Großmann den RWE-Konzern führen. Zwar sind beide parteilos, zählen aber zum Unterstützerkreis Gerhard Schröders und sind damit für Rüttgers ein rotes Tuch.

Sein Problem: Er hat keinen anderen Kandidaten. Frühe Versuche, etwa Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme zu gewinnen, schlugen fehl. Das schwächt Rüttgers Verhandlungsposition in Berlin, wo sich Angela Merkel bisher im Hintergrund hält. Begeistert ist sie von Müller auch nicht, sieht aber, dass es kaum eine Alternative gibt.

Bei dieser Ausgangslage reden alle Beteiligten seither unter dem Siegel der Verschwiegenheit darüber, wie man das Personalproblem lösen kann. Neben dem Stiftungsvorsitz geht es um die Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat sowohl beim Kohleunternehmen wie bei den künftig an der Börse notierten übrigen Sparten. Zudem braucht man noch sechs Mitglieder im Kuratorium der Stiftung – dort sind bisher nur die beiden Ministerpräsidenten von Saar und Ruhr, der Berliner Wirtschafts- und der Finanzminister sowie der Gewerkschaftschef gesetzt. „Das alles wird eine Paketlösung und am Ende im Koalitionsausschuss landen“, lässt sich ein Insider entlocken. Dort könnte dann Müllers Wunsch nach dem Stiftungsvorsitz erfüllt werden – wenn er sich zuvor auf eine Begrenzung seiner Amtszeit einlässt.

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