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Wirtschaft: Mit dem iPad zur Visite

Charité und SAP testen elektronische Patientenakte

Berlin - Stephan Brandt hat privat ein iPad und jetzt auch im Job. Statt den altmodischen Visitenwagen von Patient zu Patient zu schieben, schnappt sich der Arzt im weißen Kittel nun morgens den flachen mobilen Computer. „Das ist nicht nur ein schönes Spielzeug“, sagt Brandt, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie in der Berliner Charité. „Sondern es ist ein Instrument, um die Arbeitsabläufe zu optimieren – nicht nur zeitlich, sondern auch qualitativ.“ Die Visite gehe nicht nur schneller, sondern sei auch effizienter, weil die Ärzte in der Neurologie nicht mehr nur die altmodische Zettelsammlung in der Hand haben, sondern Zugriff auf sämtliche Informationen haben, die es über einen Patienten gibt.

Die elektronische Patientenakte ist ein gemeinsames Pilotprojekt der Softwarefirma SAP und der Charité. SAP hat eine Plattform entwickelt, die alle Daten aus den unterschiedlichen Informationssystemen des Klinikums zusammenführt: Röntgenbilder, Laborwerte oder Diagnosen. Außerdem hat SAP noch eine Applikation entwickelt, die diese Daten dann auf mobilen Endgeräten wie dem iPad verfügbar macht. SAP-Manager Peter Langkafel hofft, dass sich viele der weltweit 2500 Klinikkunden des Unternehmens für die neue Plattform und die dazugehörige App interessieren werden.

„Es macht Ärzte und Pfleger verrückt, dass sie sich den ganzen Tag aus unterschiedlichen Quellen informieren müssen“, erklärt Hagen Hupperts, IT-Projektleiter der Charité. So gehe wertvolle Zeit für die Patienten verloren. Mit der elektronischen Akte könnten Entscheidungen schneller getroffen werden, weil alle Daten per Fingerstrich verfügbar sind. „Und wir bekommen den Patientenkontakt, den wir uns wünschen“, sagt Brandt. „Es entsteht eine ganz andere Kommunikationskultur.“ Die Ärzte können den Patienten direkt am Krankenbett auf dem Bildschirm ihre Aufnahmen oder die Entwicklung ihrer Werte erläutern. „Die Bilder sind das, was am besten ankommt, auch bei den Ärzten“, sagt Brandt.

Nicht nur der Patientenkontakt habe sich verbessert, meint Hupperts. Auch seien die Daten besser geschützt als zuvor. Die Akten im Visitenwagen seien praktisch für jeden zugänglich gewesen. Jetzt muss sich jeder Arzt persönlich mit seinem iPad anmelden. Es werden dabei keine neuen Daten erhoben, nur der Zugriff auf vorhandene Informationen erleichtert. Das iPad speichert nichts. „Wenn das iPad gestohlen wird, ist das Gerät weg, aber nicht die Daten“, sagt Brandt. Seit dem 17. Oktober nutzen er und neun seiner Kollegen in der Neurologie die mobilen Geräte. Anfangs war Brandt skeptisch: „Ich bin der kritische Kliniker, der keine zusätzlichen Jobs wollte.“ Jetzt wollen er und die Kollegen ihre iPads nicht mehr hergeben. Corinna Visser

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