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Wirtschaft: Mit der Eintracht auf dem Fernsehmarkt ist es vorbei

Am 20. September 2001 waren sie alle in der Konsensecke versammelt.

Am 20. September 2001 waren sie alle in der Konsensecke versammelt. Die vier großen Fernsehveranstalter in Deutschland verkündeten ihre Einigung auf den gemeinsamen Standard der Multimedia Home Plattform (MHP) für das digitale Fernsehen. Der Verständigung von ARD, ZDF, Kirch-Gruppe und RTL auf nur ein Zugangstor zur digitalen Welt aus Fernsehen und Multimedia gingen jahrelange Auseinandersetzungen voraus, die sich vor allem an der technisch unzureichenden, nicht diskriminierungsfreien d-box der Kirch-Gruppe entzündet hatten. Dass die Einigung erreicht wurde, lag in der Erschöpfung und in der Einsicht der Kombattanten begründet: Die gegenseitige Blockade hätte der gemeinsamen, künftig "digitalisierten" Existenzgrundlage geschadet. Ungehinderten Zugang der Nutzer zum Fernsehen brauchen aber beide, das gebührenfinanzierte System von ARD / ZDF, das werbefinanzierte Medium von Kirch / RTL.

Zumeist sind die Konflikte zwischen den Veranstaltern an der Systemfrage entlang aufgebrochen. Die kommerziellen Sender werden über ihre Organisation des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) nicht müde, nach dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu fragen: Was umfasst die Grundversorgung? Der Streit, der längst die deutsche Medienpolitik und die Europäische Union erreicht hat, flammt immer wieder auf: zum Beispiel an den öffentlich-rechtlichen Spartenprogrammen Kinderkanal und Phoenix, zu deren Finanzierung nach VPRT-Sicht Rundfunkgebühren als "unzulässige staatliche Beihilfen" eingesetzt wurden. Die Verwendung der Gebühren erzürnt die Privatfunker ein ums andre Mal. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben über Tochterfirmen eigene Produktionseinheiten aufgebaut, die Fremdaufträge akquirieren.

Mit dem Einstieg von Liberty ins deutsche Kabel-Fernsehgeschäft haben ARD, ZDF und RTL einen neuen gemeinsamen Feind entdeckt. Das US-Unternehmen will sich offenbar nicht an die in Deutschland geübte Praxis halten, nach der Inhalteanbieter nicht zugleich auch Kontrolle über das Kabel haben. Sie fürchten, dass Liberty für seine Kunden Programmpakete bilden wird, in denen ihre TV-Angebote nicht mehr zwangsläufig vorkommen werden.

Kirch wird von dieser Furcht nicht geplagt. Was nicht überraschen muss, er hat bereits Verhandlungen mit Liberty-Chef John Malone aufgenommen. Malone soll in das defizitäre Abo-Fernsehen Premiere World einsteigen. So könnte Kirch mit einem neuen Partner gleich zwei Probleme lösen: seine finanziellen Schwierigkeiten lindern und parallel sich Vertriebskanäle für seine Programme sichern.

Dass Liberty kein einfacher Verhandlungspartner für die deutschen Sender sein wird, hat das Unternehmen schon gezeigt. Der neue Standard MHP fürs digitale Fernsehen wird schlicht abgelehnt. Zu teuer, sagt der Amerikaner.

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