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Wirtschaft: Mit dicken Socken

Deutsche Industrie-Normen (DIN) regeln nahezu alle technischen Bereiche. So wurde auch ein Münchener Rechtsanwalt fündig, der eine Bestimmung zur Beheizung von Büroräumen suchte.

Deutsche Industrie-Normen (DIN) regeln nahezu alle technischen Bereiche. So wurde auch ein Münchener Rechtsanwalt fündig, der eine Bestimmung zur Beheizung von Büroräumen suchte. Unter Bezug auf DIN 1946 (Raumlufttechnik) forderte der Jurist den Vermieter seiner Kanzlei auf, für eine Raumtemperatur von mindestens 22 Grad Celsius Sorge zu tragen. Der Anwalt des Grundstücksbesitzers vertiefte sich ebenfalls in das umfangreiche Normenwerk und erwiderte: Maßgebend sei nicht DIN 1946, sondern DIN 4701 (Regeln für die Berechnung des Wärmebedarfs von Gebäuden). Danach reiche für Büroräume eine Temperatur von 20 Grad Celsius aus.

Der folgende Prozess um zwei Grad Temperaturunterschied wurde erbittert durch zwei Instanzen geführt. Zunächst ließ sich das Landgericht von der Argumentation des klagenden Advokaten überzeugen. Büroräume in gehobener Lage und Ausstattung bei ebenfalls gehobenem Mietpreis (Kaltmiete 30 DM / Quadratmeter) setzen eine angenehme Raumtemperatur voraus. Diese ist erst ab 22 Grad Celsius erreicht, wie auch DIN 1946 ausdrücklich vorschreibt.

In zweiter Instanz durchleuchtete das Münchener Oberlandesgericht die technischen Vorschriften intensiver und entdeckte, dass die von dem Kläger zitierte DIN raumlufttechnische Anlagen betrifft. Was für Klimaanlagen gilt, kann nicht verallgemeinernd auf Gebäude ohne derartige Einrichtungen übertragen werden. Konkret gilt also: DIN 4701 ist anwendbar. Dort wird eine Innentemperatur für Wohn- und Schlafräume und auch für Büroräume von mindestens 20 Grad Celsius festgelegt. 22 Grad Celsius werden hingegen für Krankenhauszimmer und Umkleideräume in Schwimmbädern empfohlen. Auch die Arbeitsstättenverordnung schreibt für Büroräume keine höhere Temperatur als 20 Grad Celsius vor.

Paragraf 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet Vermieter, gemietete Räume in zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten. Dazu gehört auch, dass sie ausreichend, das heißt entsprechend dem zeitgemäßen Wohn- und Bürostandard beheizt werden. Am 1. September 2001 trat das neue Mietrecht in Kraft, die entsprechende Regelung findet sich im zweiten Absatz des § 535 BGB. Überspannte Forderungen, wie im konkreten Fall unter anderem mit der Begründung vorgetragen, besonders sensible Mandanten blieben weg, wenn es nach deren Empfinden zu kalt im Büro des Anwaltes sei, seien dabei nicht zu berücksichtigen. Eine Raumtemperatur von 20 Grad Celsius bleibt ausreichend (OLG München Az.: 5 U 2889 / 00).

Die Entscheidung der Münchener Richter trägt der Forderung Rechnung, dass mit Energie nicht verschwenderisch umgegangen werden soll. Wünscht jemand gemietete Büroräume wärmer als 20 Grad Celsius, sei es für sich selbst, im Interesse der Mitarbeiter oder auch im Interesse seiner Kunden, sollte er darauf drängen, im Mietvertrag Mindesttemperaturen zu vereinbaren. Wer dies versäumt, ist darauf angewiesen, geeignete Kleidung zu tragen und empfindlichen Mitarbeitern und Kunden dasselbe zu empfehlen.

Karl M. Wilhelm

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