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Endstation Flughafen? Wenn Flüge ausfallen, können Kunden Entschädigungen verlangen. Inkassofirmen helfen dabei, die Ansprüche durchzusetzen. Foto: dpa/pa

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Wirtschaft: Mit Verspätung

Justizministerium und Luftfahrtbranche einigen sich auf eine Schlichtungsstelle für die Kunden. Doch viele Fragen sind noch offen

Berlin - Haben Sie einen Teil Ihres Urlaubs am Flughafen zugebracht? War Ihr Flug verspätet oder ist er ganz ausgefallen? Für all das gibt es Gesetze. Doch wenn es darum geht, ihre Rechte durchzusetzen, stehen die Deutschen immer noch allein da. Obwohl sich die schwarz-gelbe Koalition schon vor zwei Jahren zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle verpflichtet hat, dauern die Verhandlungen zwischen dem Bundesjustizministerium und der Luftfahrtbranche an. Zumindest eines steht inzwischen fest: „Es wird eine Schlichtungsstelle geben“, sagt Eva-Maria McCormack, Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL).

Auch beim Justizministerium spricht man von „konstruktiven Gesprächen“. Allerdings sind zentrale Fragen noch offen: Etwa die, wer die Schlichtung übernehmen soll – die bereits existierende Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), die sich heute im Wesentlichen um Bahnkunden kümmert, oder soll es eine neue Stelle geben? Problematisch ist auch die Forderung der Fluggesellschaften nach einer Bearbeitungsgebühr der Kunden, die im Ministerium kritisch gesehen wird.

Der Streit geht auf Kosten der Verbraucher. Denn die müssen sich auf eigene Faust an die Fluggesellschaften wenden. Das Luftfahrtbundesamt, das per Gesetz für Beschwerden gegen die Airlines zuständig ist, tritt nicht als Anwalt der Kunden auf, sondern verhängt bestenfalls Bußgelder gegen die Fluggesellschaften. Dabei ist der Bedarf an Unterstützung groß. 4788 Anfragen gab es im vergangenen Jahr an das Luftfahrtbundesamt, in ihrer Not wenden sich viele Flugreisende an die SÖP. „Wir schieben 1900 Beschwerden von Flugpassagieren vor uns her“, sagt Geschäftsführer Heinz Klewe. Doch so lange die Airlines nicht mitmachen, ist eine Schlichtung nicht möglich.

Vor diesem Dilemma steht auch die Bundesregierung. Zwar kann sie die Fluggesellschaften per Gesetz zu einer Schlichtung zwingen, sie kann aber nicht anordnen, dass die Fluggesellschaften die Schlichtersprüche dann auch akzeptieren. Ohne eine solche Akzeptanz ginge das Verfahren aber ins Leere.

Die Luftfahrtunternehmen tun sich schwer mit der Schlichtung. Sie möchten Kundenbeschwerden lieber selber bearbeiten und haben Angst davor, dass Verbraucher die Schiedsstelle missbrauchen könnten. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht das nicht ein. „Die Fluggesellschaften sind überheblich“, kritisiert VCD-Schlichtungsexpertin Heidi Tischmann die Luftfahrtbranche. „Völlig unverständlich“ nennt auch Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen die lange Verhandlungsdauer.

Von der Regelungslücke profitieren Firmen wie das Inkassounternehmen „EU Claim“ (www.euclaim.de), das Hilfe bei der Durchsetzung von Ansprüchen anbietet. In Deutschland werden die Fälle von der Berliner Kanzlei JBB bearbeitet. Für JBB sind 15 Anwälte tätig, darunter Oliver Brexl, Geschäftsführer von EU Claim Deutschland. Die Firma hat Zugriff auf eine Vielzahl von Daten – Flugzeiten, Annullierungen, Verspätungen, Wetter –, die Brexl und seine Kollegen in die Lage versetzen, die Erfolgschancen der Verfahren gut einzuschätzen. Seit dem vergangenen Herbst hat Brexl über 6000 Fälle bearbeitet. „Die Erfolgsquote liegt bei 95 Prozent“, sagt der Anwalt. Kosten entstehen dem Kunden nur dann, wenn der Anwalt Erfolg hat. Dann werden 27 Prozent der eingezogenen Forderung sowie eine einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 25 Euro fällig. Heike Jahberg

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