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Jung, gut ausgebildet, online. Vor allem den Nachwuchs versuchen Arbeitgeber über die neuen Technologien zu erreichen.

© Syda Productions - Fotolia

Mitarbeiter gewinnen: Mit einem Klick zum neuen Job

Fast jeder zweite Berufseinsteiger sucht heute per Smartphone nach einer Stelle. Doch die mobile Mitarbeitergewinnung hat ihre Grenzen. Was Bewerber wissen sollten.

Für Personaler scheint es der ideale Weg zu sein, um Talente für sich zu gewinnen. Per Smartphone, Tablet-Computer oder Laptop können sich Interessenten mit ein paar Klicks blitzschnell in der U-Bahn, im Café oder auch vom Sofa aus Informationen über Karrierewege im Unternehmen oder Stellenanzeigen auf den Bildschirm holen. Sogar bewerben kann man sich inzwischen schon über die mobilen Geräte.

„Mobile Recruiting“ heißt das neue Zauberwort. Fachleute fassen unter dem Begriff alle Maßnahmen zusammen, über die sich Arbeitgeber aktiv auf mobilen Kanälen an potenzielle Bewerber wenden. Besonders vielversprechend scheint der neue Weg der Ansprache, um den so begehrten Nachwuchs zu erreichen: Fast jeder zweite Berufseinsteiger (48 Prozent) sucht heute auf mobilen Endgeräten nach Jobs, hat die Unternehmensberatung Potentialpark in ihrer Onlinestudie „Talent Communication 2013“ herausgefunden. Doch diese Art der Mitarbeitergewinnung hat ihre Grenzen.

Es geht den Unternehmen auch um Selbstdarstellung

„Mobile Recruiting flankiert den Recruiting-Prozess“, erklärt Stephan Böhm von der Hochschule Rhein Main in Wiesbaden. Seit 2008 befasst sich der Professor für Mobile Media mit dem Thema. Im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter nutzen Unternehmen die neuartigen Medientechnologien, um mobil-optimierte Stellenangebote für die Bewerber bereitzustellen, sagt Böhm. Doch die neue Technik dient nicht nur der direkten Mitarbeiterwerbung. Sie ist für die Unternehmen auch Marketinginstrument, über das sie sich als attraktive und innovative Arbeitgeber präsentieren.

Immer mehr Unternehmen setzen auf die neue Form der Kommunikation mit potenziellen Jobkandidaten: Die Anzahl der Arbeitgeber, die Mobile Recruiting betreiben, hat sich seit 2011 verdoppelt, hat Böhm mit seinem Kollegen, Wolfgang Jäger, in einer empirischen Studie von 2013 herausgefunden.

Dennoch sind solche Verfahren in Deutschland noch längst kein Alltag. Nur knapp jedes zehnte Unternehmen (9 Prozent) setzt bisher auf mobiles Werben.

Die Firmen optimieren etwa ihre Webseiten, so dass sie auch auf den kleinen Bildschirmen von Smartphones und Tablets ansprechend und gut zu lesen sind. Sie bieten Apps zum herunterladen an oder führen Nutzer über den „QR Code“ einfach und direkt zu ihren Angeboten. „Vereinzelt ist es bereits möglich, sein Xing oder LinkedIn-Profil an eine Firma zu schicken, die dann Kontakt mit dem Bewerber aufnimmt“, sagt Böhm. Neu sind auch standortbezogene Dienste, die dem Nutzer unter Zuhilfenahme positionsabhängiger Daten selektive Karriereinformationen bereitstellen.

Besonders für wechselwillige Arbeitnehmer, die nur latent auf Jobsuche sind, sei diese unkomplizierte und direkte Art der Personalwerbung interessant, sagt Böhm.

Tatsächlich scheint scheint das Interesse an einer Bewerbung per Smartphone von Arbeitnehmerseite noch relativ gering: Mehr als 67 Prozent der Jobinteressenten können sich nicht vorstellen, ihre Bewerbung mit dem Handy zu verschicken, hat eine Studie der Hochschule Heilbronn und des Softwareherstellers Softgarden ergeben.

„Angesichts der Neuartigkeit überrascht das nicht“, sagt Stephan Böhm. „Wer gezielt und intensiver auf Jobsuche ist, wird vermutlich heute noch eher auf den PC oder sogar auf hochwertige Bewerberfotos und -mappen setzen. Diejenigen, die beiläufig mit dem Smartphone auf ein interessantes Stellenangebot stoßen, benötigen aber zur Aktivierung einen direkteren mobilen Rückkanal.“

Interessant sind vor allem mobile Karriereseiten

Deutsche Smartphone-Besitzer schauen sich vor allem die mobilen Internetseiten oder Apps von Stellenbörsen wie der Bundesagentur für Arbeit, Trovit Jobs, Monster oder Stepstone an.

Auch die Stellenbörsen arbeiten an ihrem mobilen Auftritt. „Unser Ziel war es, unsere Job-App möglichst einfach zu gestalten und auf die Bedürfnisse der Jobsuchenden auszurichten. Deshalb steht die Suchfunktion im Fokus“, sagt etwa Stepstone-Geschäftsführer Sebastian Dettmers. Die Online-Börse macht es heute möglich, dass sich Job-Interessenten per GPS orten lassen und passende Jobs in der Umgebung finden. Weil sich bisher noch die wenigsten Nutzer direkt über das Smartphone dort bewerben, bietet Stepstone die Möglichkeit, Jobs zu speichern, sie weiterzuleiten – oder auch an Freunde und Bekannte zu empfehlen. Doch nicht nur Jobsuchende, auch Recruiter können bei Stepstone per App auf die Suche nach Fachleuten gehen, die ihr Jobprofil hinterlegt haben. Viele Unternehmen testen verschiedene Verfahren, um herauszufinden, welcher Weg für ihre Zielgruppe Erfolg versprechen.

Die Deutsche Bahn etwa hat sich bewusst dagegen entschieden, eine eigene App für Jobsuchende programmieren zu lassen. Das Unternehmen setzt stattdessen auf eine für Tablet und Smartphone optimierte Karriereseite. Darauf finden Interessierte Videos, Tipps zur Bewerbung und natürlich freie Stellen. „Viele potenzielle Bewerber finden spontan den Weg zu uns, zum Beispiel durch Plakate im Zug. Dann wollen sie schnell und mobil Infos und nicht erst noch eine App installieren“, sagt Uwe Baierl, der als Teamleiter für Online Personalmarketing der Bahn zuständig ist.

Trotz aller Online-Affinität wird es Bewerbungen per Handy bei der Bahn erst einmal nicht geben. „Schließlich sollte eine Bewerbung gut durchdacht sein und mit Zeit und Sorgfalt verfasst sein. Das geht nicht immer von unterwegs“, sagt Uwe Baierl.

Jobinteressenten müssen also nicht grundsätzlich befürchten, in nächster Zukunft außen vor zu bleiben, wenn sie nicht mobil unterwegs sind.

Die neuen Techniken bieten zwar einige Möglichkeiten, sie sind aber kein Selbstzweck. Experte Böhm sagt: „Wenn ’Quick Response Codes’ oder Unternehmens-Apps keinen Mehrwert im Vergleich zur Internetseite bieten und letztlich auf nicht mobil optimierte Karrierewebseiten weiterleiten, dann braucht sie kein Mensch.“

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