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Wirtschaft: Mitarbeiter sollen mitverdienen

Bundeskabinett beschließt Modell zur Gewinnbeteiligung. Wirtschaft übt scharfe Kritik

Von Robert Birnbaum

Berlin - Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf der Koalition zur Mitarbeiterbeteiligung gebilligt. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und Arbeitsminister Olaf Scholz (beide SPD) zeigten sich davon überzeugt, dass die Steuersubventionen dazu beitragen werden, die zunehmende Schere zwischen Kapitaleinkünften und Arbeitsentgelt wieder stärker zu schließen. Steinbrück betonte, von 2003 bis 2007 seien die Unternehmens- und Vermögenseinkommen um „sagenhafte“ 37,6 Prozent gestiegen, Arbeitnehmereinkommen aber nur um 4,3 Prozent. Schon dies zeige, dass es sich um ein „ziemlich wichtiges“ Vorhaben der großen Koalition handele. Scholz sprach von einem neuen Kapitel der Arbeitnehmerbeteiligung, das zu mehr Gerechtigkeit und zu größerer Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft beitragen werde. Beide rechnen damit, dass die Zahl der Arbeitnehmer mit Firmenbeteiligung von heute etwa zwei auf mittelfristig drei Millionen steigen könnte.



STEUERLICHE FÖRDERUNG

Der Koalitionskompromiss vom April, den der Gesetzentwurf umsetzt, sieht höhere steuerliche Förderungen für bereits heute bestehende Formen der Gewinnbeteiligung und zusätzlich die Einführung eines neuen Fondsmodells vor. Konkret sollen ab 1. Januar 2009

die Fördersätze für vermögenswirksame Leistungen – etwa die Arbeitnehmer-Sparzulage – von 18 auf 20 Prozent angehoben werden

die Einkommensgrenzen von heute 17.900 Euro für Ledige und 35.800 Euro für Verheiratete auf 20.000 respektive 40.000 Euro steigen

beim Erwerb von Kapitalanteilen an der eigenen Firma durch Arbeitnehmer künftig 360 statt bisher 135 Euro pro Jahr steuer- und abgabenfrei bleiben; dies gilt sowohl für direkte Beteiligungen als auch für Einlagen in Fonds.

MEHR SICHERHEIT BEI PLEITEN

Das Fonds-Modell soll es mehreren Unternehmen ermöglichen, die Mitarbeiterbeteiligung gemeinsam zu organisieren. Vor allem Mittelständler sollen auf diese Weise bewogen werden, stärker als bisher in die Mitarbeiterbeteiligung einzusteigen. Zugleich soll das Fondsmodell dem Sicherheitsbedürfnis von Arbeitnehmern entgegenkommen, weil sie im Falle einer Firmenpleite nicht zum Arbeitsplatzverlust zusätzlich den Verlust ihrer Kapitalanteile verkraften müssen. Die Fonds bekommen die Auflage, nach einer Anlaufphase von zwei Jahren mindestens 75 Prozent ihrer Einlagen in die beteiligten Unternehmen zu reinvestieren.

Scholz sagte, eine Reihe von Kreditinstituten habe bereits signalisiert, dass sie die neuen Produkte anbieten werden. Eine zusätzliche Insolvenzsicherung werde es nicht geben. Ein solcher Schritt hätte die Rendite zu stark gedrückt. Für alle Mitarbeiterbeteiligungen gilt, dass sie freiwillig gewährt werden und zusätzlich zu anderen Leistungen fließen müssen. Eine Umwandlung von Entgelt ist ebenso unzulässig wie die Vereinbarung der Beteiligung als Lohnbestandteil.



MINISTER WEISEN KRITIK ZURÜCK

Äußerst scharf wies die Regierung die Kritik von Arbeitgeberverbänden an der Neuregelung zurück. Scholz nannte die Einwände „Funktionärsgewäsch“. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatten die Pläne als überflüssig und kontraproduktiv verurteilt. Beide sagten, dass sich der Kreis der Firmen, die ihre Mitarbeiter beteiligten, nicht deutlich erhöhen werde. Zugleich bestehe die Gefahr, dass die Mitarbeiterbeteiligung in Konkurrenz zur betrieblichen Altersvorsorge trete. Wer seinen Mitarbeitern eine Beteiligung gewähre, werde sich kaum auch noch Zuschüsse zur Altersversorgung leisten können, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

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